„Total wild“ nennt die 30-jährige Bianca Schöne ihren Weg zur Mechatronikerin. Immer wieder zeigte sie Mut zum beruflichen Neuanfang. Die gelernte Konditorin versuchte es mit mehreren Studiengängen und vielen verschiedenen Jobs. In dieser Podcastfolge erzählt sie, warum ihr Schulabbruch einen großen Tatendrang auslöste und wie es für sie weiterging. Hören Sie rein und abonnieren Sie Wir.Hear. zum Beispiel bei Spotify.
Tobias Göpel: Hallo zu einer neuen Podcastfolge bei Wir.Hear. In dieser Folge wird es spannend. Es ist eine Geschichte von Wandel und dem Mut, neue Wege einzuschlagen. Zu Gast ist eine junge Frau, die eine berufliche 180-Grad-Wendung gemacht hat. Wie es zu diesem Wandel kam und welchen Mut es braucht, gibt es gleich auf die Ohren.
Ich bin Tobias Göpel, mit mir spricht heute Bianca Schöne. Sie hat bereits eine Ausbildung als Konditorin absolviert und ist dann zum Chemiekonzern BASF gekommen. Und das mit ganz anderen Aufgaben, nämlich als Mechatronikerin. Wie so ein Wechsel gelingt und warum sie in der Chemieindustrie arbeiten wollte, darüber sprechen wir jetzt. Und dann haben wir uns auf das Du geeinigt. Schön, dass du heute da bist.
Bianca Schöne: Ja, danke, dass ich hier sein darf.
Tobias Göpel: Was für ein Typ Mensch bist du eigentlich? Wie würdest du dich beschreiben?
Bianca Schöne: Ursprünglich hätte ich gesagt, ich bin einfach sehr, sehr kreativ und neugierig. Ich glaube, das muss man auch sein, aber ansonsten eigentlich relativ normal. Ich würde sagen, ich bin die normalste 30-jährige Frau, die man so finden kann. Ich glaube, da gibt es nichts Besonderes, aber das sagt, glaube ich, jeder über sich selbst.
Tobias Göpel: Mich fasziniert aber dieser Wechsel von Torten zu Maschinen. Also es sind ja zwei völlig andere Branchen mit anderen Aufgaben.
Bianca Schöne: Ich habe damals die Schule abgebrochen, und dann stand ich vor der Entscheidung: Mein Traum ist, Modedesignerin zu werden, was finanziell nicht möglich war. Ich will irgendwas Kreatives machen. Ich brauch eine Ausbildung, ich bin schulpflichtig, ich muss irgendwas machen. Am Anfang dachte ich, na ja, gut, ich esse gerne, vielleicht Backen. Das war pure Glückssache. Ähnlich kam es dann eigentlich auch zur Mechatronik.
Also ich habe danach sehr, sehr viel gemacht. Als ich meinen Eltern gesagt habe, ich darf in einem Podcast über meinen Werdegang reden, haben wir versucht, eine Liste zu machen mit allen Jobs, Studiengängen etc., die ich jemals gemacht habe. Es war sehr viel Verschiedenes von Essen ausliefern bis an der Kasse stehen, Fitnessstudio. Ich habe so viel gemacht, und zur Mechatronik kam ich dann tatsächlich durch großen Zufall.
Ich habe bei einem Schreibwarenhersteller gearbeitet und mit kleinen Maschinen gearbeitet. Und eigentlich hieß es einfach nur: Ja, paar Knöpfe drücken. Wenn es ein Problem gibt, haben wir Mechaniker dafür. Und dann dachte ich mir, das wäre es doch wohl schaffen, eine eingeklemmte Feder da rauszuholen. Also das ist jetzt nicht schwierig. Und so kam dann dieser Gedanke. Na ja, warum nicht? Eigentlich ist diese Verbindung Mechanik und Elektro ganz cool, und so wurde ich Mechatronikerin. Total wild eigentlich.
Tobias Göpel: Viele haben ja noch so im Kopf, einen strengen Lebenslauf zu haben, mit Schule, Ausbildung, Beruf und dann Familie, Hausbau und Co. Jetzt habe ich bei dir herausgehört, du hast die Schule abgebrochen, ja und dann hast du verschiedene Sachen gemacht. Das klingt so ein bisschen nach einem nicht ganz geradlinigen Lauf. Und vielleicht ist das im Moment, wo wir Hoffnung machen können, für alle, die so ein bisschen an sich zweifeln.
Bianca Schöne: Absolut. Ich war auf dem Gymnasium. Ich habe dann Ende der elften Klasse die Schule abgebrochen, kurz vorm Abitur. Das war allerdings jetzt auch im Nachhinein für mich nichts Überraschendes. Ich habe davor schon die neunte Klasse freiwillig wiederholt, aufgrund von schlechten Noten, Stress mit Mitschülern, teilweise auch vielleicht ein bisschen Mobbing etc. und vor allem auch wegen persönlicher Probleme.
Also ich hatte sehr viele Probleme mit mir selbst und konnte das ganze Schulische nicht mehr stemmen, und irgendwann hat man keine Lust mehr, keine Kraft mehr und sieht den Sinn auch nicht mehr drin. Da habe ich gesagt, Abitur würde ich nicht schaffen und wenn, dann sehr, sehr schlecht. Ich will hier weg. Und so kam dieser Schulabbruch.
Ich habe die Konsequenzen gar nicht verstanden. Ich war 17. Für mich zählte einfach nur „Ich will hier weg“. Die Konsequenz war, ich breche die Schule ab. Für meine Familie war das ein halber Weltuntergang, weil die natürlich für das Kind – das weiß ich jetzt, 13 Jahre später – nur das Allerbeste wollten. Und die sehen natürlich auch „Du machst deine Schule, du lernst, was du arbeitest“. Alle sind glücklich.
Das war bei mir nicht der Fall. Es hat sehr, sehr viele Jahre gedauert, bis meine Eltern, ich sag mal, entspannter wurden, bis sie gemerkt haben okay, es ist nicht der Weg, den wir uns gewünscht oder erhofft haben. Es ist ihr Weg, aber es funktioniert irgendwann. Also für die war es, glaube ich, viel, viel schwieriger als für mich all die Jahre.
Ich glaube, wir sind da auf einen relativ guten Nenner gekommen. Aber es war natürlich im Nachhinein die beste Entscheidung, die ich hätte machen können. Das weiß jetzt jeder. Aber natürlich keine leichte Entscheidung. Und ich hätte mir rückblickend natürlich auch was ganz anderes gewünscht. Also wenn ich mir vorstelle, was ehemalige Kollegen machen, eine ehemalige Bekannte hat jetzt gerade ihren Doktor gemacht, denke ich mir, da bin ich noch weit entfernt. Aber es ist so.
Tobias Göpel: Ich denke, es ist wichtig, dass man glücklich und zufrieden ist mit dem, was man macht. Das ist nicht zwingend der Doktortitel. Du hast zum Thema Ausbildung gesagt, du hast die Schule abgebrochen. Du brauchtest eine Ausbildung, du musstest was machen und bist dann in die Konditorei hinein. Dann kam später die Frage „Was kann ich auch?“ Mechatroniker ist ganz cool. Was würdest du jetzt sagen? War das eine Will-ich-Entscheidung oder so eine Ich-muss-halt-irgendwas-machen-Entscheidung?
Bianca Schöne: Also das ich will das tun. Es war definitiv Mechatroniker. Ich war damals 26, als ich mich beworben habe. Also es ist so ein Alter, da hat man schon ein bisschen was gemacht. Man kann sich sehr gut einschätzen, was sind meine Fähigkeiten, kann ich gut lernen, mit welchen Menschen kann ich gut arbeiten? Das wusste ich da schon. Und mit 17 war es wirklich dieses „Okay, ich muss halt was machen“.
Und ich wusste, na ja, Kreativität liegt mir, das mache ich ganz gerne. Und der Gedanke, ich habe am Ende des Tages etwas in der Hand. Ich habe mich auf eine Stelle als Konditorin beworben, habe gesagt, wenn ich schon irgendwas machen muss, will ich das machen. Aber jetzt der Mechatroniker, das war wirklich das, wo ich lange Zeit überlegen konnte.
Tobias Göpel: Wir haben die anderen in deinem Umfeld reagiert? Also auf den Ablauf: Schule abgebrochen, Konditorei gelernt, dann gesagt na ja, das ist es auch nicht, ich mache jetzt Mechatronikerin.
Bianca Schöne: Der Freundeskreis war da und hatte vollen Support gegeben, während ich noch gezweifelt habe und gesagt hab, oh, ich weiß nicht, ob ich zu dem Test gehen soll. Irgendwie ist er doch eine Schnapsidee. Währenddessen war ich tatsächlich noch im Studium drinnen. Sie waren die die ersten, die gesagt haben „Bist du doof? Natürlich gehst du dahin, du machst diesen Test, und du wirst diese Ausbildung starten.“
Die kannten mich natürlich auch, sie wussten, dass ich da nicht so geradlinig bin. Ich habe super viele Interessen, super viele Bereiche und bin da nicht festgefahren. Meine Eltern dachten, ich bin absolut bekloppt. Die haben zwar immer gesagt, mach eine Ausbildung, wenn du eine Ausbildung hast, ist uns eigentlich egal, Hauptsache du hast etwas in der Hand.
Natürlich ist es ihnen nicht egal. Die haben schon gesehen, die ist jetzt vor drei Monaten allein umgezogen, muss ihre Wohnung irgendwie stemmen. Das war auch gerade so gegen Ende der Coronazeit. Die Wirtschaft war nicht so optimistisch. Es wurde alles teurer, und dann komm ich um die Ecke, ich mache jetzt eine Ausbildung – ist auch nicht das Lustigste! Meine andere Familie dachte sich auch nur so, okay, einfach machen lassen. Aber wie gesagt, bis zum Ende hat keiner gedacht, dass ich das schaffe.
Tobias Göpel: Warum die Chemieindustrie? Hätte ja auch ein Handwerksbetrieb um die Ecke sein können.
Bianca Schöne: Tatsächlich war es so, dass ich in meinem allerersten Studium, damals war ich 20, in Ludwigshafen studiert habe. Da dachte ich mir mal kurzzeitig, BWL macht jeder, mache ich jetzt auch mal, war nicht die beste Entscheidung für mich. Aber wir waren ein Tag in der BASF. Wir haben da so eine Busfahrt gemacht, und dann dachte ich nur so, Alter, das ist schon geil hier. Also so, diese ganzen Rohre, diese Anlage, überall dampft irgendwas, es ist laut. Ich fand das super faszinierend. Kommt vielleicht auch dazu, dass ich super gerne Videospiele spiele, mir dann dachte, hey, das ist es, das könnte ein Spiel sein. Das ist schon sehr, sehr cool hier.
Aber mit Chemie habe ich eigentlich auch wieder nichts am Hut. Also Chemie war das Erste, was ich abgewählt habe in der Schule. Aber es war einfach dieses Interesse. Und dadurch, dass ich Konditorin in der Industrie gelernt habe, wusste ich schon okay, so was Großes ist eigentlich schon genau das, was ich tun will. Und ich wusste auch, die können mich gut ausbilden. Ich wollte zur BASF und nicht zu irgendeinem Handwerksbetrieb.
Tobias Göpel: Im Juli hast du jetzt die Ausbildung abgeschlossen, jetzt Mechatronikerin. Was hatte dich da an der Ausbildung am meisten überrascht oder herausgefordert?
Bianca Schöne: Überrascht? Wahrscheinlich ich mich selbst. Also natürlich, das Interesse war da. Interesse ist immer eine Sache, aber dass man dann etwas trotzdem kann. Physik hatte ich zwar Leistungskurs, ich war die Schlechteste, ich konnte gar nichts. Also super Voraussetzung, etwas zu lernen, wofür Mathe und Physik sehr wichtig sind, und deswegen habe ich mich da eigentlich schon krass selbst überrascht, dass ich das lernen kann.
Aber die Ausbildung hat mich auch überrascht in dem Sinne, wie gefördert und gefordert wird. Als Konditorin gibt es keine zentrale Ausbildung oder so, man lernt in der Schule die Theorie, und auf der Arbeit arbeitet man. Mein erster Tag war: „Hier sind deine Werkzeuge, Du arbeitest jetzt hier.“
Das gibt es in der Ausbildung als Mechatroniker nicht. Am ersten Tag macht man gar nichts. Man lernt, wie man seine Schutzbrille richtig anzieht, was für Kleidung man tragen muss, wie ich meine Haare zusammenbinde. Also, das war was komplett anderes. Und da hat mich krass überrascht, wie sehr man auf diesen Beruf vorbereitet wird. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Sorge, ich muss irgendwann in Betrieb gehen, ich kann gar nichts. Ich weiß nicht, was mich erwartet.
Tobias Göpel: Was war ein Moment, wo du sagst, hier muss ich echt beißen?
Bianca Schöne: Das sagt wahrscheinlich auch jeder Azubi: die Prüfung. Als es dann Richtung Prüfung geht und die ersten kleinen Probleme kommen, weil man halt natürlich nicht nur die Themen lernen muss, die man kann oder möchte. Man hat plötzlich nicht mehr alle Lehrer zur Verfügung. Dann gibt es vielleicht auch noch kleine Hindernisse, sage ich mal im Betrieb, dass nicht alles so glatt läuft, wie ich das möchte.
Und dann muss man Sachen neu machen und neu überlegen. Das Ganze alles zusammen. Das Privatleben, das hat man ja immer noch. Dann muss man eine Dokumentation schreiben, man muss ein Projekt machen, man muss für die Prüfung lernen, man muss überlegen, was man danach machen will. Das war schon schwierig. Und ich bin froh, dass das hinter mir habe und dass ich das nie wieder machen muss.
Aber natürlich umso stolzer darauf, dass ich das geschafft habe und auch mit einem guten Ergebnis.
Tobias Göpel: Aber es gibt bestimmt einen praktischen Anteil. Wie sieht so eine Aufgabenstellung aus, und wie viele Leute sitzen da? Wie kann man sich das vorstellen?
Bianca Schöne: Bei uns in der Zwischenprüfung hat jeder dieselbe Aufgabe. Da haben wir zum Beispiel so eine kleine Modellanlage, die ist vielleicht einen halben Meter groß, also wirklich klein, und da muss man dann in vorgegebener Zeit etwas anfertigen, Sachen anklemmen, testen, prüfen und währenddessen Fragen beantworten. Das ist noch so der kleine, einfache Teil, weil man den sehr gut üben kann.
Jeder hat dieselbe Aufgabenstellung, man übt es einfach so oft, bis es aus dem Gedächtnis kommt. Und die Abschlussprüfung besteht dann darin, dass jeder in seinem Betrieb ein kleines Projekt machen und darüber eine Dokumentation schreiben muss. Ich sag immer, das ist eine kleine Bachelorarbeit. Man muss natürlich schauen, okay, habe ich alles, was die Anforderungen betrifft, habe ich das, was in meinem Projekt dazu gehört, zum Beispiel mechanische Anfertigung, oder ich muss was programmieren. Ich muss die Elektrik machen. Ich muss prüfen, dass das Ganze sicher ist, dass keiner daran Schaden nehmen kann.
Und danach muss ich das vortragen, fünf Minuten lang und danach wird man 30 Minuten durchgefragt.
Tobias Göpel: Ich glaube, da sind wir uns alle einig, wenn eine Prüfung vorbei sind, freut man sich, die hoffentlich nie wieder machen zu müssen, egal wo man ist. Wie viel waren eigentlich bei dir in dem Ausbildungsjahrgang, also Mechatroniker?
Bianca Schöne: Wir waren anfangs in der Klasse 28 und pro Gruppe, wenn man noch mal aufgeteilt 14 Leute. Am Ende waren es glaub ich 26. Also wir waren zwei Mädchen von 28, der Rest war dementsprechend Jungs.
Tobias Göpel: Okay, wie ist es dann so? Ich weiß nicht, ob ich richtig liege, aber bei Konditorei ist wahrscheinlich dann vielleicht das Verhältnis umgekehrt.
Bianca Schöne: Gar nicht. In Konditorei und Bäckerei gibt es zwar mehr Frauen als in der Mechatronik oder in der chemischen Industrie generell, aber tatsächlich auch nicht nur. In dem Betrieb, in dem ich war, waren nur ein Stückchen mehr Männer als Frauen.
Tobias Göpel: Das heißt, der Wechsel, in einem eher männerdominierten Team zu arbeiten, war nicht zu heftig?
Bianca Schöne: Nein, gar nicht. Wobei ich mir da auch keine Gedanken drüber gemacht habe. Kommt vielleicht auch dazu, dass ich eben schon älter bin, dass ich mittlerweile einfach weiß, dass es mir egal ist, mit wem ich arbeite, solange ich respektiert werde und meine Arbeit gut machen kann. Ich habe mir da zu keinem Zeitpunkt Gedanken gemacht, dass ich deinem männerdominierten Bereich arbeite.
Eigentlich erst im Vorstellungsgespräch, als mein Ausbilder mich dann gefragt hat, das sind ja eher Jungs, wie gehst du damit um, wenn die mal ein bisschen rumzicken? Aus meiner sich sind das einfach nur Kollegen. Ist mir doch egal, welches Geschlecht die haben. Aber natürlich, ich weiß von jüngeren Frauen, jüngeren Mädchen, die die Ausbildung gestartet haben, zu den ich dann Kontakt hatte, für die ist das natürlich ein ganz anderes Thema. Also die gehen damit unter Umständen anders um als ich zum Beispiel.
Tobias Göpel: Warst du dann mehr im Lead, und man hat sich an dir orientiert, oder wie war da das Verhältnis?
Bianca Schöne: Nee, das jetzt eigentlich auch nicht. Es war eigentlich eher gleichgestellt. Klar, unser Jüngster war damals 16, ich war zehn Jahre älter als der der Jüngste. Aber vom Miteinander her gab es eigentlich keinen Unterschied. Sie haben sich vor mir nicht anders benommen, als wenn ich weggewesen wäre, was manchmal gut, manchmal schlecht ist. Ich war einfach nur Azubi-Kollegin, und so wollte ich das auch. Also das war schon gut so!
Tobias Göpel: Das klingt hervorragend. Kannst du sagen, dass aus den ganzen Sachen, die du vorher getan hast, was gebrauchen konntest?
Bianca Schöne: Ich habe zum Beispiel Grafikdesign studiert. Als es dann dran ging, Elektropläne zu zeichnen, war das natürlich super. Also da hatte ich schon mal die besten Voraussetzungen, wie man eine gerade Linie zeichnet.
Ich habe lange Zeit auch im Kundenservice gearbeitet. Ob jetzt vor Ort, in einem Geschäft oder per E-Mail oder Telefon. Dadurch kann ich mich natürlich gut ausdrücken. Ich weiß, wie ich mit verschiedenen Menschen reden muss, dass ich mit meinem Ausbilder anders reden muss als zum Beispiel mit meinen Kollegen. Ich weiß, wie ich Emails verfasse.
Oftmals habe ich mir gedacht, ich habe voll viel Zeit verschwendet. Aber eigentlich habe ich mir sehr, sehr viele soft Skills dadurch angeeignet, die Gott sei Dank nicht unnötig sind.
Tobias Göpel: Und die sicherlich auch vom Arbeitgeber BASF sehr geschätzt werden.
Bianca Schöne: Also es kam nie schlecht an. Ich habe eigentlich gedacht am Anfang, es heißt sofort, zehn Jobs neben dem Studium gemacht, drei verschiedene Studiengänge probiert, schon eine Ausbildung und jetzt was komplett anderes. Ich habe eigentlich gedacht, dass jeder sagt, wir nehmen die Bewerbung und wir schmeißen sie direkt weg.
Aber gar nicht. Das wurde sehr, sehr gut aufgenommen, sowohl von der Ausbildung als auch von sehr vielen Kollegen in den Betrieben, vor allem von den Eltern. Kollegen, die gesagt haben: „Endlich kann ich mal mit jemandem arbeiten, der eben nicht erst 16 ist und noch sehr, sehr viel lernen muss.“ Weil die Kollegen im Ausbildungsbetrieb natürlich ihren Job erledigen wollen. Sie haben viel zu tun, da ist immer Stress. Und wenn man dann natürlich noch jemanden erziehen muss, fast schon, was man bei sehr vielen Jüngeren hat, die eben zum ersten Mal ins Berufsleben starten, kann das für viele nervig sein.
Tobias Göpel: Hand aufs Herz: Wars das jetzt, oder kommt noch eine andere Ausbildung oder noch ein Studium?
Bianca Schöne: Nein, also das Berufsfeld passt schon ganz gut. Tatsächlich habe ich direkt mit dem Meister angefangen. Allein schon, weil ich nicht weiß, was in zehn, 20 Jahren passiert. Vielleicht habe ich irgendwann mal was am Rücken und sage okay, Büro ist vielleicht doch ganz gut. Jetzt bin ich noch im Lernen drin. Meine Motivation schwindet. Das merke ich jede Woche, aber den mache ich noch fertig und danach reicht es mir auch.
Tobias Göpel: Wie lange dauert das jetzt noch? Drei Jahre, oder?
Bianca Schöne: Nein, Gott sei Dank nur anderthalb Jahre. Also nächstes Jahr im Dezember, wenn alles gut geht. Dann habe ich mein letztes Buch zugeschlagen, was zumindest Ausbildung und Weiterbildung angeht.
Tobias Göpel: Ich drücke die Daumen, dass das alles gut läuft. Wir kommen so ein bisschen zum Ende von unserem kleinen Podcast, und welchen Ratschlag würdest du jemanden geben, der mit dem Gedanken spielt, sich beruflich komplett neu zu orientieren, aber noch zögert, weil er vielleicht Angst hat, Sachen aufzugeben und Neuland zu betreten?
Bianca Schöne: Einfach machen. Also ich weiß, wie hart es ist. Wie gesagt, ich hatte meine eigene Wohnung, und ein Ausbildungsgehalt ist nicht gerade groß. Also ohne staatliche Unterstützung, Unterstützung von meinen Eltern, finanziell, aber natürlich auch gedanklich und einfach der Support hätte ich es nicht geschafft. Ich weiß aber auch, es gibt sehr viele Wege und Möglichkeiten und Hilfen, die man in Anspruch nehmen kann.
Deswegen ist natürlich klar, einfach machen, aber jetzt nicht unbedacht! Vorher vielleicht gucken: Liegt mir das wirklich? Kann ich das dreieinhalb Jahre stemmen? Was für Hilfen kann ich in Anspruch nehmen? Das kann man davor eigentlich alles klären und dann wirklich einfach ausprobieren und an sich arbeiten. Also mit Angst und so was starten ist ganz, ganz schlecht. Das Ganze allein stemmen: auch schlecht.
Am besten ist, wenn man die Familie hat, wenn man Freunde hat oder auch nur eine einzige Person. Das reicht eigentlich schon, dass man sich nicht alleine fühlt, und dann sollte einen eigentlich nichts aufhalten. Also sämtliche Vorurteile, die es gibt – man sei zu alt, es ist etwas komplett anderes, Frauen passen da nicht rein, Männer passen nicht in eine andere Berufssparte oder so – das sollte man alles einfach ignorieren und fast schon ein bisschen egoistisch sein.
Tobias Göpel: Jetzt haben wir viel über deinen beruflichen Werdegang gesprochen. Was wünscht sich die private Bianca für die Zukunft?
Bianca Schöne: Wahrscheinlich auch das, was sich die meisten Frauen wünschen, natürlich Familie. Glücklich sein, dass meine Familie um mich herum gesund ist, dass ich irgendwann, wenn ich Kinder habe, dass die gesund sind, glücklich sind, dass ich denen was bieten kann bzw. ermöglichen kann. Ich würde auch super gern noch mehr von der Welt sehen.
Ich war gerade im Urlaub, ich war in Taiwan. Das war glaube ich erst der Anfang. Es gibt noch so viele Länder zu entdecken, worauf ich mich natürlich super freue, was ich mir durch die Ausbildung zum Glück auch ermöglichen kann. Das muss man ja auch mal so sagen und ich glaube, das sind so die größten Wünsche.
Tobias Göpel: Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass deine Wünsche auch alle in Erfüllung gehen. Wie gesagt, dass die Meisterprüfung auch sehr gut abgeschlossen wird. Und ich bedanke mich dafür, dass du heute hier im Podcast warst.
Bianca Schöne: Vielen, vielen Dank, dass ich dabei sein durfte.
Tobias Göpel: Liebe Zuhörende, das war eine weitere Folge von Wir.Hear. Gesprochen habe ich heute mit Bianca Schöne, die nach einem bewegten Leben in Bildung und Beruf jetzt Mechatronikerin ist bei der BASF. Wir haben auf der Ausbildungsausgabe unseres Wir.Hier-Magazins einen Beitrag von ihr drin. Einfach reinlesen, durchlesen, wohlfühlen. Ich bedanke mich und wenn es Anregungen gibt, Anmerkungen, Hinweise, Wünsche für eine andere Folge einfach schreiben: podcast@wir-hier.de.