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Ukraine-Krieg: Stimmung der Chemieindustrie gekippt

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Ukraine-Krieg: Stimmung der Chemieindustrie gekippt
Flüchtlingshilfe:Der Krieg in der Ukraine lässt die Konjunkturaussichten für die Chemie kippen. Foto: Imago Images/Ukrinform

Die Hoffnung der chemisch-pharmazeutischen Industrie auf einen positiven Wirtschaftsverlauf in diesem Jahr hat mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ein jähes Ende gefunden. Die Erwartung der Branche von Anfang des Jahres für die Geschäftsaussichten 2022 ist innerhalb weniger Wochen gekippt.

 

Wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) mitteilt, gehen nach einer aktuellen Umfrage des Verbandes 54 Prozent der Mitgliedsunternehmen von einem Rückgang bei Produktion und Umsatz für das laufende Jahr aus. Daher hat der VCI seine bisherige Einschätzung für das Gesamtjahr 2022 zurückgezogen. Eine Aktualisierung kann der Chemieverband derzeit nicht vornehmen: „Jegliche Prognose wäre im hohen Maß spekulativ“, betonte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup vor der Presse.

 

Die wirtschaftliche und politische Lage hat sich durch den Ukraine-Krieg für die energie- und rohstoffintensive Chemie dramatisch verändert. Die Preise für Öl und Erdgas sind explodiert. Der finanzielle Spielraum der Unternehmen schwindet immer mehr. 70 Prozent der Unternehmen berichten über gravierende Probleme für ihr Geschäft durch die hohen Energiepreise.

 

85 Prozent geben an, dass sie steigende Produktions- und Beschaffungskosten entweder gar nicht oder nur zum Teil weitergeben können.

 

Folgen eines Embargos

 

Der VCI-Hauptgeschäftsführer warnte vor den massiven Folgen eines Importstopps von russischem Erdgas für die Branche, die aber nicht auf sie beschränkt bleiben würden. „Tiefe Einschnitte in das Produktionsniveau der Branche wären nicht nur bei großen energieintensiven Unternehmen zu erwarten, sondern wären auch im Mittelstand und wohl über alle Sparten hinweg unvermeidlich. Über die Wertschöpfungsketten würde sich der Effekt auf die gesamte Industrie in Deutschland fortpflanzen“, betonte Große Entrup. Nahezu alle Branchen, so der VCI, wie etwa Landwirtschaft, Ernährung, Automobil, Kosmetik und Hygiene, Bauwesen, Verpackung, Pharma oder Elektronik wären dann von einer Unterbrechung ihrer Lieferketten betroffen.

 

„Mit einer schweren und mehrjährigen Rezession mit einem massiven Verlust von Arbeitsplätzen muss gerechnet werden. Und anders als in der Finanz- und Coronakrise würde sich bei einer Industriekrise Deutschland nicht relativ schnell wieder erholen. Dann steht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieses Landes auf dem Spiel.“ Die chemisch-pharmazeutische Industrie setzt rund 2,8 Millionen Tonnen Erdgas als Rohstoff (27 Prozent des Gesamtverbrauchs) und 99,3 Terawattstunden Erdgas (73 Prozent) für die Erzeugung von Dampf und Strom im Jahr ein.

 

Außenhandel mit Russland und der Ukraine

 

Die wirtschaftliche Verflechtung der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie mit den Kriegsparteien ist zwar überschaubar, aber nicht unerheblich: Russland und die Ukraine machen in Summe knapp 3 Prozent der deutschen Chemie- und Pharmaexporte aus. Das waren zuletzt gut 6,8 Milliarden Euro.

 

Die Branche ist zudem mit Tochterunternehmen vor Ort aktiv: Auf die Region entfallen rund 2 Prozent ihrer Direktinvestitionen im Ausland. Die rund 70 Betriebe beschäftigten nach Schätzung des VCI insgesamt etwa 20.000 Personen vor Kriegsbeginn. „Die russische Invasion ist ein brutaler Anschlag auf das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine und in keiner Weise zu rechtfertigen. Daran ändern auch die staatliche Propaganda, Lügen und Fake News aus dem Kreml nicht das Geringste“, erklärte der VCI-Hauptgeschäftsführer.

 

Jahresabschluss 2021 der Branche

 

Trotz Pandemie und anderer Widrigkeiten erzielte die chemisch-pharmazeutische Industrie eine erfolgreiche Bilanz im Gesamtjahr 2021:

 

  • Die Produktion stieg im Vergleich zum Vorjahr um 5,3 Prozent. Ohne Pharma belief sich das Mengenwachstum auf 5,0 Prozent. Nahezu alle Sparten bis auf das Segment Körperpflege und Waschmittel (-1,7 Prozent) profitierten von der Entwicklung. Ein besonderes Plus mit einem Zuwachs von 16,3 Prozent bei den Absatzmengen erzielte die Produktgruppe der Polymere, die zum Beispiel in der Automobil- und Verpackungsindustrie oder der Bauwirtschaft und für Sportartikel benötigt werden.
  • Der Umsatz legte aufgrund des kontinuierlichen Anstiegs der Erzeugerpreise (+9,3 Prozent) im Jahresverlauf um 17,9 Prozent auf 225 Milliarden Euro zu. Das Auslandsgeschäft entwickelte sich dynamisch (+17 Prozent) und steuerte mit 140 Milliarden Euro fast zwei Drittel (62 Prozent) zum Gesamtergebnis bei.
  • Die Zahl der Beschäftigten in den Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie stieg leicht (+0,5 Prozent) auf jetzt 466.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

 

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