Politik & Wirtschaft

Kreislaufwirtschaft ist mehr als Wiederverwertung

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Geschäftsmann mit T-Shirt und Recyclingsymbol unter seinem weißen Hemd. Foto: andranik123 - stock.adobe.com
Kreislaufwirtschaft bedeutet Ressourcenschonung: Wirtschaftssysteme, die geschlossene Stoffkreisläufe schaffen, emittieren weniger Treibhausgase und verkleinern die Müllberge. Ab 2025 müsen in Deutschland auch Textilabfälle getrennt gesammelt werden, damit man sie verwerten kann. Foto: andranik123 - stock.adobe.com

Was versteht man unter Kreislaufwirtschaft?

Die EU möchte bis 2050 eine Kreislaufwirtschaft erreichen. Diesem Ziel liegt die folgende Idee zugrunde:

  1. Die lineare Wirtschaft – produzieren, nutzen, wegwerfen – verbraucht zu viele Ressourcen. Das ist nicht mehr zeitgemäß.
  2. In der Kreislaufwirtschaft ist das Produktleben länger. Denn: Durch Teilen, Leasing, wiederverwenden, reparieren, aufarbeiten und recyceln lässt sich mehr aus den Rohstoffen machen. Abfälle sollen auf ein Minimum sinken.
  3. Der Kreislauf beginnt demnach mit einem nachhaltigen Design, das auf Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit ausgerichtet ist. Der Nutzung folgen dann Reparatur und Wiederverwendung. Rezyklierbares wird einem neuen Herstellungsprozess zugeführt. Nur ein kleiner Teil der Rohstoffe endet als Restabfall.

Modell der EU-Kreislaufwirtschaft: Den Rohstoff-Input und den Abfall-Output minimieren und auf diese Weise Ressourcen, Energie und Emissionen sparen - das ist das Konzept.

Nicht neu und oft aktualisiert: das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz gibt es bereits seit 2012. Es ist bei Weitem nicht die erste bundeseinheitliche Regelung zum Umgang mit Abfall. Der Gesetzgeber hat es mehrmals erweitert und präzisiert. Heute dient es dazu, die EU-Abfallrahmenrichtlinie umzusetzen. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz regelt beispielsweise:

  • das Vermeiden und Verwerten von Abfällen (§ 7, §13): Dies hat Vorrang vor dem Beseitigen.
  • die Produktverantwortung (§ 23): Produkte sollen unter anderem effizient, langlebig, reparabel, und wiederverwendbar sein. Hersteller und Vertreiber von Produkten können an den öffentlichen Kosten für Entsorgung, Reinigung der Umwelt und Abfallverwertung beteiligt werden.
  • das getrennte Sammeln: Abfallbetriebe müssen noch sorgfältiger auf Mülltrennung achten. Neu ist, dass ab 2025 das getrennte Sammeln von Textilabfällen Pflicht wird.
  • Recyclingvorgaben: Ab 2025 soll das Recycling von Siedlungsabfällen (Abfälle aus Privathaushalten und hausmüllähnliche Abfälle aus Gewerbe und Industrie) mindestens 55 Gewichtsprozent betragen und bis 2035 auf 65 Prozent steigen.
  • die Verknüpfung des Chemikalienrechts mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (§5, §7a ): Ist ein Stoff kein Abfall mehr, weil er sich für einen neuen Zweck eignet und dabei weder Menschen noch der Umwelt schadet, darf ein Hersteller ihn in Verkehr bringen, vorausgesetzt, er beachtet das geltende Chemikalien- und Produktrecht.

Das Abfallaufkommen in Deutschland sinkt kaum

Zwar meldete das Statistische Bundesamt in diesem Sommer, dass das jährliche Abfallaufkommen 2022 um 3 Prozent gegenüber 2021 gesunken war und damit erstmals seit 2013 die Marke von 400 Millionen Tonnen jährlich unterbot.

Doch im Zehnjahresvergleich ist das Abfallaufkommen gestiegen. Es betrug 2012 rund 381 Millionen Tonnen, 2022 rund 399 Millionen Tonnen. Erst seit 2019 gibt es eine zaghaft sinkende Tendenz.

Good to know: Siedlungsabfälle machen nur einen kleinen Teil des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland aus (rund 12 Prozent). Diese Mengen bleiben über Jahre hinweg mit ca. 50 Millionen Tonnen pro Jahr recht konstant. Das Gros, rund 54 Prozent, entfällt auf Bau- und Abbruchabfälle einschließlich Straßenaufbruch.

Immerhin: Gemessen an der Wirtschaftsleistung, dem Bruttoinlandsprodukt (BIP), ist die Abfallmenge deutlich gesunken. Wie das Umweltbundesamt darlegt, stieg das BIP vom Jahr 2000 bis 2022 um 28,5 Prozent. Zugleich verminderte sich die Abfallintensität, das Verhältnis des Abfallaufkommens zum BIP, um 34,5 Prozent. 

Cradle to Cradle: vollständig geschlossene Kreisläufe

Nicht Minimierung des Verbrauchs, sondern perfekt geschlossene Stoffkreisläufe stehen im Zentrum des Cradle-to-Cradle-Konzepts des deutschen Chemikers Michael Braungart und des US-Architekten William McDonough. Ihr Ziel: die Möglichkeiten der Industrie so zu verbessern, dass natur- und umweltunterstützende Produkte und Prozesse möglich werden. Dabei bleiben Materialien als „Nährstoffe“ in geschlossenen Kreisläufen.

Materialien von Produkten, die für biologische Kreisläufe optimiert sind, dienen dabei als biologische Nährstoffe und können in die Umwelt gelangen.

Materialien von Produkten, die für geschlossene technische Kreisläufe konzipiert sind, etwa Metalle und verschiedene Polymere, verlassen die so genannte Technosphäre nicht. Sie sollen nicht in biologische Kreisläufe geraten.

Ein Beispiel für die Umsetzung des Cradle-to-Cradle-Prinzips sind die bereits 2014 preisgekrönten Reinigungsmittel-Behälter der Marke Frosch (Werner & Mertz). Diese hochwertigen Neuwaren entstehen aus Altverpackungen. Der Recyclingprozess lässt sich beliebig oft wiederholen.

Recycling ist nicht gleich Recycling

Es gibt unterschiedliche Wege, eingesammeltes Material aufzubereiten. 

  • Biologischer Abbauprozess: Dabei wandeln Mikroorganismen den Stoff in Biomasse um, zum Beispiel in Humus. Dies kann im Wald, im Meer, in einer Biogasanlage oder per Kompostierung geschehen. Bestimmte Materialien wie biologisch abbaubare Kunststoffe lassen sich durch industrielle Kompostierung tatsächlich abbauen. Solche Bedingungen herrschen auf dem Gartenkompost oder in der Biotonne jedoch nicht, sodass sie in den Gelben Sack gehören. Wenn Kunststoffe altern und zerfallen, ist dies kein biologischer Abbau. Die Partikel verbleiben im ungünstigen Fall als Mikroplastik in der Umwelt.
  • Mechanisches Recycling: Es bedeutet, dass Verpackungen und Verbundstoffe aus Kunststoff aus dem Gelben Sack in Aufbereitungsanlagen kommen. Sortiert, gereinigt und zu Granulat verarbeitet, behalten diese Wertstoffe ihre ursprüngliche Materialstruktur bei. Darum wird der so recycelte Rohstoff meist für einfache Produkte wie Boxen oder Leitplanken verwendet.
  • Chemisches Recycling: Innovative Verfahren ermöglichen es, Kunststoffe in ihre Grundbausteine zu zerlegen. Diese lassen sich zu verschiedenen Verbindungen neu zusammensetzen. So hat auch Plastikmüll eine Zukunft, der verunreinigt ist oder aus verschiedenen Kunststoffen besteht. Das Ergebnis hat die Qualität von Neuware.

Ein Beispiel für chemisches Recycling ist ein Polyamid-12-Elastomer von Evonik, das unter anderem in Sportschuhsohlen zum Einsatz kommt. Das Ausgangsmaterial entsteht aus Altreifen. So lassen sich fossile Rohstoffe sparen. Mit Hilfe erneuerbarer Energien für die Produktion senkt Evonik der CO2-Fußabdruck zusätzlich.

Die Kreislaufwirtschaft leistet einen Beitrag zum Klimaschutz

Die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie der Bundesregierung sieht vor,  Sekundärrohstoffe noch stärker zu nutzen. Demnach habe zirkuläres Wirtschaften in der Industrie das Potenzial, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um ca. 30 bis 50 Prozent zu senken und zugleich die Wertschöpfung zu steigern. Dies könne mit einem Beschäftigungszuwachs von 117.000 Arbeitsplätzen verbunden sein. 

  • Bis 2030 soll das Pro-Kopf-Aufkommen an Siedlungsabfällen um 10 Prozent, bis 2045 um 20 Prozent im Vergleich zu 2020 schrumpfen.
  • Forschungs- und Entwicklungsprogramme sollen neue Technologien und Geschäftsmodelle fördern.
  • Die Digitalisierung bietet Potenziale. So soll der digitale Produktpass bis 2030 in allen wichtigen EU-Produktregelungen verankert sein. 

Dabei gilt: Je mehr Stoffe sich in geschlossenen Kreisläufen befinden, um so weniger Neugewinnung ist erforderlich. Denn gerade in Branchen wie Chemie, Maschinen- und Fahrzeugbau entständen die meisten Treibhausgase, zwischen 60 und 80 Prozent, beim Abbau von Rohstoffen und der Herstellung von Vorprodukten. Hier anzusetzen, bedeute einen großen Schritt zur zur Dekarbonisierung der Wirtschaft.

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