Der weltgrößte Chemiekonzern BASF will weltweit 2600 Stellen streichen. Davon entfallen rund 65 Prozent auf Deutschland, teilte der Dax-Konzern am Freitag mit. BASF hatte das Sparprogramm wegen der explodierenden Energiekosten in Europa und der abflauenden Konjunktur bereits 2022 angekündigt. Mit diesem will das Unternehmen ab 2024 jährlich 500 Millionen Euro außerhalb der Produktion einsparen, die Hälfte davon soll am Stammsitz Ludwigshafen erzielt werden. Schwerpunktmäßig will BASF in den Service-, Unternehmens- und Forschungsbereichen sowie der Konzernzentrale Kosten sparen.
"Die Wettbewerbsfähigkeit der Region Europa leidet zunehmend unter Überregulierung", sagte Unternehmenschef Martin Brudermüller laut Mitteilung. Sie leide auch immer mehr unter langsamen und bürokratischen Genehmigungsverfahren und vor allem unter hohen Kosten für die meisten Produktionsfaktoren. All dies habe bereits über viele Jahre das Marktwachstum in Europa im Vergleich zu anderen Regionen gebremst. Zusätzlich belasteten jetzt die hohen Energiepreise die Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit in Europa.
Die Anpassung in Ludwigshafen würden ab Ende 2026 voraussichtlich zu jährlich über 200 Millionen Euro niedrigeren Fixkosten führen, teilte BASF weiter mit. Neben dem eingeleiteten Kosteneinsparprogramm ergreife BASF auch strukturelle Maßnahmen. Damit soll das Stammwerk Ludwigshafen langfristig besser für den immer schärfer werdenden Wettbewerb gerüstet werden.
Die wichtigsten Veränderungen am Standort Ludwigshafen
- Schließung der Caprolactam-Anlage, einer der beiden Ammoniak-Anlagen am Standort sowie von damit verbundenen Düngemittelanlagen: Die Kapazität der Caprolactam-Anlage von BASF in Antwerpen/Belgien reicht aus, um die Nachfrage für den Eigenbedarf und den europäischen Markt in Zukunft zu decken. Hochveredelte Produkte wie das führende Geschäft mit Standard- und Spezialaminen sowie Adblue bleiben unberührt und werden auch weiterhin über die verbleibende Ammoniakanlage am Standort Ludwigshafen versorgt.
- Reduzierung der Produktionskapazitäten für Adipinsäure und Schließung der Anlagen für Cyclohexanol und Cyclohexanon sowie Schwersoda: Die Adipinsäure-Produktion im Joint Venture mit Domo im französischen Chalampé bleibt unverändert und verfügt – im veränderten Marktumfeld – über ausreichende Kapazitäten zur Versorgung des Geschäfts in Europa. Cyclohexanol und Cyclohexanon sind Vorprodukte für Adipinsäure; die Soda-Anlage verwertet Nebenproduktströme aus der Adipinsäure-Produktion. Die Produktionsanlagen für Polyamid 6.6 in Ludwigshafen, die Adipinsäure als Vorprodukt benötigen, wird BASF weiter betreiben.
- Schließung der TDI-Anlage sowie der Anlagen für die Vorprodukte DNT und TDA: Die Nachfrage nach TDI entwickelt sich insbesondere in Europa, dem Nahen Osten und Afrika nur sehr schwach und deutlich unter den Erwartungen. Der TDI-Anlagenkomplex in Ludwigshafen war unterausgelastet und erfüllt die wirtschaftlichen Erwartungen in diesem Marktumfeld nicht. Durch die stark gestiegenen Energie- und Versorgungskosten hat sich die Situation weiter ungünstig entwickelt. Die europäischen BASF-Kunden werden auch zukünftig zuverlässig mit TDI beliefert – über das weltweite BASF-Produktionsnetzwerk mit Anlagen in Geismar/USA, Yeosu/Korea und Schanghai/China.
Verlust 2022 niedriger, Ergebnisrückgang 2023 erwartet
Brudermüllers Ankündigung kam anlässlich der Vorstellung der BASF-Jahresbilanz 2022. Unterm Strich stand ein Minus von 627 Millionen Euro, nach einem Gewinn von 5,5 Milliarden Euro 2021. Hauptgrund für den Ergebniseinbruch ist, dass BASF Milliarden auf das Russland-Geschäft von Wintershall Dea abschreiben musste. Im Januar war das Unternehmen noch von einem Verlust von knapp 1,4 Milliarden Euro ausgegangen. Grund für das niedrigere Minus seien etwas geringere Abschreibungen auf Wintershall Dea, hieß es. Die BASF-Tochter beklagt eine faktische Enteignung ihrer Beteiligungen in Russland und plant einen vollständigen Rückzug aus dem Land.
Für 2023 erwartet BASF angesichts der anhaltenden Unsicherheiten einen deutlichen Rückgang beim operativen Ergebnis. Das EBIT vor Sondereinflüssen wird voraussichtlich auf einen Wert zwischen 4,8 Milliarden Euro und 5,4 Milliarden Euro zurückgehen. Das wäre ein Rückgang von bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dabei erwartet BASF ein schwaches erstes Halbjahr. Die Ergebnissituation dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte aufgrund von Aufholeffekten, insbesondere in China, verbessern.