Politik & Wirtschaft

Wo Kunststoffe unverzichtbar sind

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 Für die ganze Familie einkaufen gehen, die gut verpackten Lebensmittel sorgfältig im Wagen verstauen und ab nach Hause. Foto: Imago Images/ Westend61
Alltag: Für die ganze Familie einkaufen gehen, die gut verpackten Lebensmittel sorgfältig im Wagen verstauen und ab nach Hause. Foto: Imago Images/ Westend61

Zu Recht stört uns Plastikmüll in der Umwelt enorm. Dass Kunststoff unseren Alltag in mancher Hinsicht aber erst möglich macht, wird dabei gerne vergessen: Er rettet zum Beispiel Leben im OP oder als Airbag, spart Energie und treibt Forschung und Innovation voran. Zwei Bereiche, aus denen der Werkstoff nicht mehr wegzudenken ist, sind der Verkehr und die Lebensmittelindustrie. Im Auto spart das flexible Material Gewicht, alle Fahrzeuge wären sonst schwere Monstertrucks, die Unmengen Sprit schlucken. In der Lebensmittelindustrie helfen Kunststoffe bei der Herstellung von Pizza über Backwaren und Geflügel bis hin zu Süßwaren, als Verpackung halten sie Obst, Gemüse, Fleisch und Milchprodukte lange frisch.

Kompostierbare Frischhaltefolie
 

Knackig: Unter Folie bleiben Möhren lange bißfest. Foto: BASF SE
Knackig: Unter Folie bleiben Möhren lange bißfest. Foto: BASF SE

Zum Verpacken von frischen Lebensmitteln hat der Chemiekonzern BASF mit Sitz in Ludwigshafen jetzt mit Partnern eine kompostierbare Frischhaltefolie entwickelt. Auf der Basis eines BASF-Biokunststoffes entsteht eine hochtransparente Stretchfolie. Darin lassen sich Fleisch, Meeresfrüchte, Obst und Gemüse manuell oder maschinell verpacken. Die Frischhaltefolie ist bereits zugelassen: Sie ermöglicht eine optimale Atmungsaktivität der Ware und verlängert so deren Haltbarkeit. Später kann sie einfach auf den Kompost.

Saubere Lebensmittelproduktion
 

Hygienisch: Kunststoff ist aus der Lebensmittelbranche nicht mehr wegzudenken. Foto: pressmaster - stock.adobe.com
Hygienisch: Kunststoff ist aus der Lebensmittelbranche nicht mehr wegzudenken. Foto: pressmaster - stock.adobe.com

Der Großteil unserer Lebensmittel wird industriell hergestellt: „Backwaren, Fleisch, Fisch, Geflügel, Obst und Süßwaren durchlaufen auf komplexen Anlagen verschiedene Herstellungsschritte“, erklärt Norbert Hendel, Lebensmittelexperte beim Kunststoffhersteller Röchling Sustaplast in Lahnstein. Sie kommen dabei mit Maschinenbauteilen wie Transportbehältern, Gleitschienen, Förderschnecken, Schabern oder Abfülleinrichtungen in Kontakt. Diese bestehen aus hygienischen Gründen meist aus Kunststoff: „Unsere Materialien haben keinen negativen Einfluss auf die Gesundheit der Konsumenten und die Zusammensetzung, den Geschmack, Geruch und das Aussehen der Lebensmittel“, versichert Hendel.

Sehen und gesehen werden
 

Hell: Autoscheinwerfer sind aus Plexiglas, da dieser Werkstoff das Licht exzellent leitet. Foto: REDPIXEL - stock.adobe.com
Hell: Autoscheinwerfer sind aus Plexiglas, da dieser Werkstoff das Licht exzellent leitet. Foto: REDPIXEL - stock.adobe.com

Elektroantrieb und autonomes Fahren verändern die Gestaltung von Autos grundlegend. Das gilt auch für die Beleuchtung: „Lichtdesign wird im elektrischen und autonomen Fahren immer wichtiger werden – Lichtsignale werden zum Informationsträger“, sagt Siamak Djafarian, Leiter der Business Unit Molding Compounds bei Röhm. Da sicheres Licht oberstes Gebot, individuelles Design dagegen Teil der Markenidentität bei Scheinwerfern, Heckleuchten und Innenraumbeleuchtung ist, setzen Automobilhersteller auf Plexiglas: „Es ist ein extrem vielfältiger Kunststoff, der eine hohe Designfreiheit bietet und unter anderem besonders witterungsbeständig, gut zu formen und zu verarbeiten ist. Zusätzlich überzeugt das Material durch sein geringes Gewicht und seine exzellente Lichtleitfähigkeit“, so Djafarian. Die Vorprodukte für das begehrte Material kommen vom Röhm-Standort Worms.

Leise und flink
 

Steuerbare Luftführung verbessert die Aerodynamik der Fahrzeuge. Foto: Peter Atkins - stock.adobe.com
Steuerbare Luftführung verbessert die Aerodynamik der Fahrzeuge. Foto: Peter Atkins - stock.adobe.com

Rund ein Viertel eines Autos besteht aus Kunststoff: Der Werkstoff liegt in Sachen Flexibilität, Gewicht und Funktionalität ganz vorne. Röchling Automotive ist am Standort Worms auf Fahrzeugakustik, Aerodynamik und Leichtbau spezialisiert: Steuerbare Luftführungen und die Verkleidung des Unterbodens verbessern die Aerodynamik der Fahrzeuge, senken das Geräuschniveau und den Verbrauch. Verschiedene Strukturbauteile wie Multifunktionswannen helfen, das Fahrzeuggewicht zu senken, und beeinflussen so ebenfalls die Ökobilanz.

Transport und Haltbarkeit
 

Mitnahmeeffekt: To-go-Verpackungen gibt es auch aus Biokunststoff. Foto: Wir.Hier. / Florian Lang
Mitnahmeeffekt: To-go-Verpackungen gibt es auch aus Biokunststoff. Foto: Wir.Hier. / Florian Lang

Ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel landet laut Umweltbundesamt im Müll. Doch Verpackungen können das verhindern, wie das Beispiel Käse zeigt: Vom verpackten landen nur 0,14 Prozent im Müll, vom frisch an der Käsetheke gekauften dagegen 5 Prozent. „Wir arbeiten an einer spezifischen Reihe von Produkten mit dem Ziel, den richtigen Produktschutz zu schaffen und gleichzeitig die Recyclingfähigkeit des Materials zu erhalten“, sagt Michael Hahl, Direktor für Nachhaltigkeit bei Huhtamaki. Der Hersteller von Lebensmittel- und Getränkeverpackungen hat auch ein Werk in Alf (Foto): Hier wird seit Jahrzehnten ein Abfallprodukt der Maisverarbeitung als Rohstoff für Verpackungen genutzt, etwa für Salatschalen. Der „Biokunststoff“ PLA besteht zu 100 Prozent aus Pflanzenstärke und ist kompostierbar. Das ist wichtig, denn Lebensmittel zum Mitnehmen wie Pommes oder Pizza sind sehr beliebt. Anschließend sollten Schale, Tüte oder Teller aber auch umweltfreundlich entsorgt werden können.

Leicht gemacht
 

Philippine produziert in Lahnstein einen Stoff, aus dem Autobauerträume sind – schaumfähiges Polypropylen (EPP). Ein federleichtes Material, das zu 96 Prozent aus Luft besteht. Zudem ist es elastisch, akustisch isolierend, stoßdämpfend und kann nahezu jede Form und Farbe annehmen. EPP steckt in Sonnenblenden, Türen, Rücksitzbänken oder Radkästen. Das reduziert Gewicht, spart Sprit und erhört die Reichweite – das ist auch wichtig für die immer gefragtere E-Mobilität. Der energieabsorbierende Schaum schützt zudem Insassen und Fahrwerk: „Er hat die Aufgabe, die durch einen Aufprall auftretenden Schäden zu minimieren oder ganz zu verhindern“, erklärt Vertriebsleiter Bernhard Lemler. Da das Material die Aufprallenergie bei einem Zusammenstoß mindert, stellt Philippine Stoßfänger, Seitenaufprallschutz in der Tür, Kopfstützen oder Kindersitze daraus her. Ein weiterer Pluspunkt: Das Material lässt sich zu 100 Prozent recyceln.

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