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Wasserstoff: Hoffnungsträger oder nicht?

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Eine Wasserstoffpipeline, die Erdgas in den Haushalten ersetzen soll. Quelle: stock.adobe.com/malpQuelle: stock.adobe.com/malp
Zukunftsenergie: Wasserstoff soll Deutschland zusammen mit Ökostrom klimaneutral machen und den Energieträger Erdgas bis 2045 schrittweise ersetzen. Quelle: stock.adobe.com/malp

Wasserstoff ist das leichteste und häufigste Element im Universum. Auf der Erde ist er großteils in Wasser gebunden. In Verbindungen mit Kohlenstoff kommt er in Pflanzen, Tieren und im Körper vor. Sonst gibt es Wasserstoff nur als Gas. Das ist brennbar und lässt sich wie Erdgas verwenden.

Wasserstoff soll zusammen mit Ökostrom Deutschland klimaneutral machen. Das Gas soll, so will es die Bundesregierung, den Energieträger Erdgas bis 2045 schrittweise ersetzen. Das soll mit klimaneutralem grünem Wasserstoff geschehen: Er entsteht, wenn Wasser mit Ökostrom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird. Dieses Verfahren heißt Elektrolyse. Bis 2030 sollen Erzeugungskapazitäten von 10 Gigawatt aufgebaut werden. Damit kann man circa 40 Milliarden Kilowattstunden Wasserstoff im Jahr erzeugen.

Klimaschonende Industrieproduktion

Mit grünem Wasserstoff sollen Industriebetriebe klimaneutral produzieren und Gaskraftwerke Strom erzeugen. Zudem soll das Gas Schiffe, Flugzeuge und Trucks antreiben. In der Chemie wird der Bedarf ab Mitte der 2030er Jahre stark steigen, etwa für neue Prozesse. Schon heute nutzt die Branche Wasserstoff, allerdings herkömmlich erzeugten, klimaschädlichen Wasserstoff. Sie produziert damit Ammoniak für Düngemittel, Methanol und Säuren oder nutzt ihn zum Entschwefeln von Rohöl und Hydrieren von Zwischenprodukten.

Ausbau kommt zu langsam voran

„Die Ziele beim grünen Wasserstoff sind ambitioniert, die Realität ist ernüchternd“, sagt der Regensburger Professor Michael Sterner, Mitglied des Nationalen Wasserstoffrats. „Der Standort läuft Gefahr, im internationalen Vergleich den Anschluss zu verlieren.“ 

Von den geplanten 10 Gigawatt Produktionskapazität gibt es bisher lediglich für 0,4 Gigawatt (400 Megawatt) eine Investitionsentscheidung, also nur für einen Bruchteil. Zwar liegt Deutschland mit 154 Megawatt Produktionskapazität in Europa weit vorn. China ist mit mehr als 600 Megawatt aber schon deutlich weiter. 

Was bremst? Für Betriebe ist es problematisch, ihre Produktion auf eine Technologie umzurüsten, bei der unklar ist, welche Mengen wann verfügbar sind und ob sich das rechnet. Den Wasserstofferzeugern wiederum fehlen feste Abnehmer. Mit der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm will Sterner fürs Wirtschaftsministerium herausfinden, wie sich Investitionen beschleunigen lassen.

Transport per Tanker und Pipelines

2030 braucht Deutschland 95 bis 130 Milliarden Kilowattstunden Wasserstoff, schätzt die Bundesregierung. 50 bis 70 Prozent davon wird die Bundesrepublik einführen müssen. Dafür sollen Lieferabkommen mit Staaten wie Australien, Chile, Indien, Kanada, Namibia, Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten geschlossen werden. Bisher gibt es aber erst einen Vertrag für Lieferungen aus Ägypten.

Aus dem Nahen Osten oder Amerika sollen Tanker den Wasserstoff nach Europa bringen. Laden können die Schiffe das Gas als Flüssigwasserstoff, Ammoniak oder Methanol. Zudem soll Wasserstoff durch Pipelines kommen, aus Portugal/Spanien, Dänemark und Norwegen. 

Zu Industriebetrieben und Kraftwerken wird das Gas überwiegend per Pipeline gelangen. Die Betreiber von Gasfernleitungen wollen für 18,9 Milliarden Euro ein 9.040 Kilometer langes Kernnetz schaffen. Für zwei Fünftel werden neue Rohre verlegt, für den Rest bestehende Erdgasleitungen genutzt. Bis 2032 soll das Netz fertig sein. Zum Vergleich: Das Erdgasfernnetz ist 40.000 Kilometer lang.

Noch hat grüner Wasserstoff den Nachteil, dass er teurer ist als herkömmlich erzeugter Wasserstoff. Im Preisindex „Hydex“ der Beratungsfirma E-Bridge Consulting etwa kostete das Kilogramm grüner Wasserstoff 2023 im Mittel 5,70 Euro. Herkömmlichen Wasserstoff gab es für etwa 3,20 Euro. Experten erwarten aber, dass bessere und in größerer Menge produzierte Elektrolyseure – also die Anlagen, in denen Wasserstoff hergestellt wird – die Kosten von Ökowasserstoff senken.

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