Politik & Wirtschaft

Warum sich Unternehmen sozial engagieren

· Lesezeit 4 Minuten.

Warum engagieren sich Unternehmen sozial, wie profitieren sie und wie gehen sie dabei am besten vor? Darüber haben wir mit Theresa Eyerund gesprochen, Verhaltensökonomin am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Viele gute Beispiele für das soziale Engagement der Chemieunternehmen in Rheinland-Pfalz finden Sie hier.

Spendenläufe, Flüchtlingshilfe, Initiativen für den Umweltschutz – die Möglichkeiten für soziales Engagement sind vielfältig. Aber was habe ich als Unternehmen eigentlich davon?

Objektiv messen lassen sich die „fünf R“: Ressourcen, also zum Beispiel ein gewonnener Auftrag. Reputation, also mein öffentliches Ansehen. Resonanz, vor allem in Medien und

IW-Ökonomin Theresa Eyerund. Foto: IW
IW-Ökonomin Theresa Eyerund. Foto: IW

Politik. Außerdem Recruiting und Retention, die Findung und Bindung von Fachkräften, die sich vielleicht eher für ein engagiertes und (auch) dadurch angesehenes Unternehmen entscheiden.

"Häufig gibt es Verantwortungsbewusstsein"

Wenn Sie „objektiv“ betonen: Was spielt denn noch eine Rolle?

Häufig ist es schlicht so, dass es ein nicht messbares Verantwortungsbewusstsein gibt. Gerade von Mittelständlern, die argumentieren: „Wir sind tätig in der Region, wir engagieren uns für die Region.“ Und rund um die Hauptstandorte geschieht auch das meiste Engagement. In etwas abgelegenen Regionen kann so etwas besonders wichtig sein. Da sitzen Unternehmen, die Fachkräfte brauchen – und die enorm profitieren können, wenn sie ihre Region attraktiver machen, indem sie zum Beispiel Kinderbetreuung, sportliche oder kulturelle Angebote mitgestalten. Oder nehmen Sie Sportsponsoring: Unternehmen gewinnen Sichtbarkeit, und die Mitarbeiter entwickeln Stolz, wenn ihre Kinder Trikots mit dem Logo ihres Arbeitgebers tragen.

"Es geht darum, wie man sein Geld verdient"

Ist das dann auch schon Ausdruck von Corporate Social Responsibility (CSR), also der gesellschaftlichen Verantwortung eines Unternehmens?

CSR ist nicht, was man mit dem Geld macht, das man verdient hat. Es geht darum, wie man dieses Geld verdient. Dass man in der Wertschöpfungskette soziale, ökologische und ökonomische Belange betrachtet. Ein Chemieunternehmen sollte also nicht sagen: „Wir produzieren so schmutzig, also spenden wir an den Naturschutzbund.“ Sondern es sollte seinen ökologischen Fußabdruck reduzieren. Spenden ist erst mal nur ein Geld-Weggeben. Schlimm ist das natürlich nicht. Es wird nur kommunikativ schwierig, wenn das nichts mit der Unternehmensstrategie zu tun hat.

Will ein Unternehmen also in der Fremdwahrnehmung profitieren, sollte es sein Engagement unbedingt strategisch einbetten?

Das ist gar nicht so wichtig für die Fremdwahrnehmung – aber dafür, dass das Engagement auch einen messbaren Impact, eine Wirkung hat. Viele Unternehmen messen eben diese Wirkung gar nicht, ob also ihr Engagement auch ein vorhandenes Problem lindert.

Gefahr des Greenwashing

Wie ließe sich das messen?

Man müsste mit den Betroffenen sprechen, zum Beispiel die Kommunen fragen, in denen Unternehmen sich engagieren. Wir haben dazu eine Erhebung gemacht, wonach das noch recht unsystematisch geschieht. Überspitzt gesagt: Ein Unternehmen überlegt, ob es den zehnten Kindergarten aufbaut – aber es prüft nicht, ob es überhaupt Kinder gibt. Es geht darum, wo wirklich etwas gebraucht wird, wo das Unternehmen eine Wirkung erzielen kann. Und nicht darum, mit der Gießkanne zu verteilen.

Wo sollten sich Unternehmen besser nicht engagieren? Ein Landminenhersteller, der die Opferhilfe unterstützt, wäre ja ziemlich zynisch.

Da landet man schnell beim sogenannten Greenwashing oder Windowdressing: Man versucht, seine schmutzigen Tätigkeiten durch soziales Engagement reinzuwaschen oder zu überdecken. In der Unternehmenspolitik ändert sich nichts. Das ist aber entscheidend.

Nichtstun muss kein Nachteil sein

Und wenn ein Unternehmen einfach nichts macht? Ist das ein Nachteil?

Nein. Da würde auch Trittbrettfahren funktionieren. Ein Unternehmen kann ja froh sein, wenn es einen Nachbarn hat, der alle Kindergärten baut. Das ist das Dilemma: Der Markt belohnt Moral nicht unbedingt. Im Gegenteil könnte der Moralische aus dem Markt gedrängt werden. Weil er höhere Kosten hat. Weil er den Auftrag des Diktators nicht annimmt. Da käme es auch auf den Kunden an, moralisches Verhalten zu honorieren. Denn ein Unternehmen, das aus dem Markt gedrängt wird, kann sich nicht mehr engagieren. Und davon hätte niemand etwas.

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