Einweg-Plastiktüten im Handel sind in Deutschland ab Anfang 2022 fast komplett verboten. Industrie und Politik bewerten das unterschiedlich. Bei einem Thema aber besteht Einigkeit.
„Entschieden wurde nicht anhand der Ökobilanz, sondern weil Plastik negativ assoziiert wird.“
Wir halten das Verbot der Plastiktüten im Handel für Symbolpolitik. Wenn es wirklich um Ressourcenverschwendung ginge, hätte man nicht ein einziges Material in den Fokus genommen. Die Papiertüte ist jetzt im Aufwind, verbraucht jedoch viele Ressourcen, Wasser und Chemie bei ihrer Herstellung. Deswegen glauben wir, dass nicht anhand der Fakten, der Ökobilanz, entschieden wurde. Sondern weil Plastik negativ assoziiert wird, gerade im Bereich Verpackung.
Die beste Tasche? Möglichst geringer Rohstoffverbrauch und weiterverwendbar
Die beste Tasche ist die, die ich immer wieder nutze. Wenn ich keine dabeihabe, sollte ich eine wählen, die möglichst wenige Rohstoffe verbraucht und nicht achtlos weggeworfen wird. Das ist eigentlich die Plastiktüte, erst recht, wenn sie aus Recyclingmaterial besteht. Sie landet nicht automatisch im Meer oder im Wald, sondern wird oft als Müllbeutel oder fürs Reisegepäck weiterverwendet. Die nächste Frage ist: Was passiert mit der Verpackung, wenn ich sie nicht mehr brauche? Zwei Drittel der Kunststoffverpackungen sind bereits heute recyclingfähig: Den Anteil wollen wir bis 2025 auf 90 Prozent steigern. Dafür müssen Produkte stärker vom Ende her gedacht werden.
Die Unternehmen versuchen jetzt auch, auf bestimmte Beschichtungen, Verschlüsse oder Farben zu verzichten, wenn sie die Wiederverwertbarkeit erschweren. Die Verbraucher sind ebenfalls gefragt: Sie sollen den Abfall richtig sortieren, um ein hochwertiges Recycling zu ermöglichen. Und dann auch Verpackungen aus Recyclat kaufen, obwohl sie vielleicht nicht so schön glänzen. Gegenwärtig setzen wir 450.000 Tonnen Recyclingmaterial pro Jahr ein und wollen 2025 eine Million Tonnen erreichen. Bei Material mit Lebensmittelkontakt ist das noch eine Herausforderung. Aber auch da arbeiten wir an Lösungen.
Mehr Informationen: dein-kunststoff.de
„Der Markt erhält die Chance, Dinge zu entwickeln, die mehrfach verwertbar sind und Abfälle im Kreislauf zu halten. Verbote sind die letzte Maßnahme.“
Der Handel hat schon von sich aus die Menge der Plastiktragetaschen auf 20 Prozent reduziert. Sie sind auch nur ein Bruchteil der Plastikabfallberge, die wir täglich produzieren: Viele reden deshalb von Symbolpolitik. Aber es ist mehr. In meiner Kindheit in den 1970er Jahren war es üblich, einen Beutel zum Einkaufen mitzunehmen. Später hatte der Handel die Plastiktüten überall im Angebot. Sie kosteten wenig: eine bequeme Sache. Nun muss man sich neu darauf einstellen, den Einkauf zu planen und die passende Tasche mitzubringen.
Verbote sind umweltrechtlich gesehen die letzte Maßnahme, die man ergreifen sollte. Deshalb hat die EU-Kommission nur ganz wenige Einwegprodukte verboten. Mit der Ökodesign-Richtlinie will man dem Markt die Chance geben, Dinge zu entwickeln, die mehrfach verwertbar sind und Abfälle im Kreislauf zu halten.
Wir in Rheinland-Pfalz haben vor zwei Jahren die Kampagne „Müll nicht rum“ (muellnicht rum.rlp.de) gestartet. Angefangen hat sie mit dem Becher-Bonus: Kunden, die ihren eigenen Becher mitbringen, zahlen in den beteiligten Läden weniger für den Kaffee. Mittlerweile haben wir im ganzen Bundesland auch zahlreiche Kooperationspartner mit einem Pfandsystem auf der Liste, ebenso Unverpacktläden und Trinkwasserbrunnen.
Markt für Recycling-Kunststoffe schaffen
Metall und Papier werden heute zu mehr als 90 Prozent recycelt. Eine solche Entwicklung erhoffe ich mir auch bei den Kunststoffen. Dafür müsste man sie jedoch vereinheitlichen. Das ist ein mühseliges Geschäft, weil sie alle möglichen Farben, Formen und chemischen Zusammensetzungen haben. Und es liegt nicht immer im Eigeninteresse der Unternehmen. Recyclate sind aktuell zudem oft teurer als Neuware. Wir müssen deshalb einen funktionierenden europäischen Markt für Recyclingkunststoffe schaffen.