Politik & Wirtschaft

Wasserstoff-Forschung am Umwelt-Campus Birkenfeld

· Lesezeit 4 Minuten.
Prof. Hoogers vom Umwelt Campus Birkenfeld
Forscher aus Leidenschaft: Prof. Hoogers vom Umwelt Campus Birkenfeld. (Foto: Florian Lang)

Wenn Gregor Hoogers (59) von grünem Wasserstoff erzählt, möchte man sich sofort ein Brennstoffzellen-Auto kaufen und durchstarten – denn aus dem Auspuff kommt nur Wasser. Doch leider sind die Gewinnung und das Speichern des Energieträgers nicht so einfach, wie der einzige Wasserstoff-Professor in Rheinland-Pfalz im Gespräch erklärt: „Vorrangig sollten wir mit Wasserstoff die Industrie bedienen, die das Gas als Rohstoff oder für Hochtemperaturprozesse benötigt. Und dann den Schwerverkehr – mit Bussen, Lkws und Arbeitsmaschinen, für die Batteriefahrzeuge nicht geeignet sind.“

Grüner Wasserstoff aus dem Labor

Wasserstoff kommt in unserer Natur nur gebunden vor, zum Beispiel mit Sauerstoff (O₂) als Wasser (H₂O): „Man kann ihn nur unter Energieaufwand gewinnen“, so der Physiker. „Grüner“ Wasserstoff benötige zur Herstellung etwa dreimal so viel Strom, wie sich wieder daraus gewinnen lässt: „Richtig umweltfreundlich ist dieser Energieträger ausschließlich bei einer Produktion mit regenerativer Energie aus Sonne und Wind“, erklärt Hoogers, der 1999 einem Ruf der Hochschule Trier folgte und seine Labore im Umwelt-Campus Birkenfeld installierte.

Seit Jahren arbeitet er mit seinem Team daran, Wasserstoff effizienter herzustellen, zu speichern und mithilfe einer Brennstoffzelle wiederzuverwenden. Mit raschen Schritten eilt er durch die Gänge des Campus, begutachtet interessiert die Forschungsarbeit seiner Studierenden und stoppt in einem kleinen, abgelegenen Labor. Hier, zwischen Membranen, Katalysatoren, Schrauben und Kabeln, entsteht gerade sein größtes Projekt: ein neuartiger Elektrolyseur im Technikumsmaßstab für etwa fünf Kilogramm Wasserstoff am Tag. Das Gerät soll grünen Wasserstoff relativ einfach und mithilfe verfügbarer Rohstoffe wie Nickel erzeugen. Der Bedarf ist riesig: Das Gas soll fossile Brennstoffe von der Fabrik bis zum Nahverkehr ablösen – überall dort, wo es rein elektrisch nicht geht. Dazu muss der Forscher nicht nur alle Komponenten, sondern auch die Fertigungstechnik weiterentwickeln. „Wir machen nicht alles allein, sondern arbeiten mit kompetenten Partnerfirmen“, so Hoogers.

Elektrolyselabor: Alex Welsch kontrolliert den korrekten Sitz der Temperaturfühler an einer Elektrolysezelle. Foto: Florian Lang
Elektrolyselabor: Alex Welsch kontrolliert den korrekten Sitz der Temperaturfühler an einer Elektrolysezelle. Foto: Florian Lang

Das Prinzip der Elektrolyse ist eigentlich seit mehr als 200 Jahren bekannt: Wasser wird mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Drei Verfahren stehen aktuell im Mittelpunkt: die gut 100 Jahre alte alkalische Elektrolyse, die Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyse und die noch ganz am Anfang stehende Hochtemperatur-Elektrolyse. Doch diese Techniken benötigen entweder viel Platz (alkalische Elektrolyse) oder seltene Edelmetalle wie Platin oder Iridium (Membran-Elektrolyse). Am Umwelt-Campus will man nun das Beste aus diesen beiden Verfahren in einem Elektrolyseur vereinen: „Wir arbeiten an Konzepten mit einer alkalischen Austausch-Membran, die mit Nickel statt mit Platin und Iridium beschichtet wird“, erklärt der Professor.

Diese „alkalische Membranelektrolyse“ vereint die Vorteile der alkalischen Elektrolyse mit der kompakten Membranbauweise. Das Verfahren steht aber noch ganz am Anfang. Eingebunden ist diese Idee in das Projekt „Energieautarker Umwelt-Campus als Inkubator einer nachhaltigen Wasserstoffstrategie für die ländliche Nationalparkregion Hunsrück-Hochwald“. „Sperriger Titel“, räumt Hoogers ein. Für das Projekt gab es kürzlich 4,6 Millionen Euro vom Bundesumweltministerium.

Verbandsgemeinde als Reallabor

Die Idee dahinter: Wo gibt es regional erzeugten Strom, der nicht sofort verbraucht wird? Zu welchen Kosten lässt sich dieser in Wasserstoff umwandeln, speichern und nach Bedarf zurückverstromen? Wozu kann man den neuen Energieträger in der Region sinnvoll nutzen? Wie kann man den entstehenden Sauerstoff verwenden?

Vorsicht: Die Elektrolysezelle kann bei den Versuchen bis zu 60 Grad heiß werden. Foto: Florian Lang
Vorsicht: Die Elektrolysezelle kann bei den Versuchen bis zu 60 Grad heiß werden. Foto: Florian Lang

Das will man nun im „Reallabor“ H₂-Campus der Verbandsgemeinde Birkenfeld praktisch testen. Der Umwelt-Campus Birkenfeld ist eines der größten (Bio-)Energiedörfer Deutschlands und seit mehr als 25 Jahren unabhängig von fossilen Energieimporten. „Unsere Wärme stammt aus Holzhackschnitzeln, der Ökostrom kommt bei uns bereits aus bestehenden und bald auch neuen Solaranlagen. Wir stellen damit Wasserstoff her und nutzen ihn zum Beispiel für einen Wasserstoff-Bus, der hier bald zum Einsatz kommen soll“, hofft Hoogers. Und eilt davon, um sich wieder seiner Forschung zu widmen.

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