Gibt es für Erkrankte bald zuverlässige Medikamente gegen das Coronavirus? Weltweit werden mehr als 200 Wirkstoffe untersucht. Im Blickpunkt stehen vor allem Arzneimittel, die bereits gegen andere Krankheiten zugelassen oder in Entwicklung sind. Einige könnten Basis für Medikamente gegen Covid-19 sein. Sie anzupassen geht schneller als eine komplette Neuerfindung.
Anpassung vorhandener Medikamente
Wichtige Entwicklungslinien sind:
Antivirale Medikamente: Medikamente, die Wirkstoffe gegen Virenvermehrung enthalten, gelten derzeit als größte Hoffnungsträger. Sie können Viren gezielt ausschalten. Ursprünglich entwickelt wurden sie gegen Ebola, Hepatitis C, Grippe, Sars oder Mers – bei Letzteren handelt es sich um zwei andere Corona-Viren-Krankheiten.
Herz-Kreislauf-Medikamente: Sie werden gegen Blutgerinnsel oder Herzkrankheiten eingesetzt – und könnten dazu beitragen, Covid-Komplikationen zu verhindern.
Medikamente für das Immunsystem: Sogenannte Immunmodulatoren beeinflussen das menschliche Immunsystem. Sie helfen etwa bei schwerem Rheuma oder entzündlichen Darmerkrankungen. Bei starkem Befall durch Corona-Viren könnten sie die Abwehrreaktionen des Körpers so begrenzen, dass diese nicht noch mehr Schaden anrichten als die Viren selbst.
Medikamente für Lungenkranke: Sie sollen verhindern, dass die Lunge der Patienten das Blut nicht mehr mit genug Sauerstoff versorgt oder sich nicht richtig reparieren kann – Riesenprobleme bei Covid-19. Ursprünglich entwickelt wurden solche Mittel etwa gegen Lungenfibrose.
Immer lautet eine wesentliche Frage, in welchem Krankheitsstadium ein Präparat nützt: Manche können im Frühstadium helfen, also bei leichten Infektionen oder Atemproblemen – bei schwerer Lungenentzündung aber unwirksam oder sogar schädlich sein. Andere Medikamente sind womöglich gar nicht zur Heilung einsetzbar, schützen aber vor Ansteckung. Klar ist: „Das eine“ Covid-19-Medikament wird es nicht geben.
Vielversprechende Neuentwicklungen
Als neue Covid-Medikamente hoch gehandelt werden solche mit antiviralen Abwehrstoffen (Antikörpern). Sie basieren überwiegend auf dem Blutserum genesener Corona-Patienten und wirken wie eine Passivimpfung – wie es sie etwa gegen Tetanus schon lange gibt. Auch Unternehmen und Forschungsinstitute in Deutschland arbeiten an solchen Projekten mit. Etwa Boehringer Ingelheim mit den Universitäten Mainz und Köln sowie dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung sowie AbbVie in Ludwigshafen mit niederländischen Partnern.
Antiviral wirken auch die Präparate zweier US-Hersteller, von denen die Bundesregierung 200.000 Dosen eingekauft hat. Sie werden hierzulande zunächst an spezialisierten Kliniken eingesetzt. Bislang wurden sie erst an Patienten in den USA getestet – darunter Ex-Präsident Donald Trump. Ihre genaue Wirksamkeit wird noch untersucht.
In eine andere Richtung forschen Experten der Universitäten Mainz, Gießen und Würzburg: Sie haben Wirkstoffe erfunden, die die Vermehrung des Virus blockieren können.
Hinzu kommt eine lange Reihe weiterer Entwicklungen – darunter Großstudien unter Federführung der Weltgesundheitsorganisation WHO, europäische Projekte und Gemeinschaftsinitiativen von Pharmaunternehmen.
Die Forschung braucht noch Zeit
Es tut sich also viel bei der Suche nach Covid-Medikamenten. Warum aber lief die Entwicklung von Impfstoffen schneller als bei Medikamenten? Ein entscheidender Grund: Impfstoffe sollen gesunde Menschen schützen. Medikamente dagegen erhalten oft schwer kranke Patienten. Das erschwert die Forschung deutlich. Aber das Tempo ist auch bei der Medikamentenentwicklung hoch: Für die zweite Jahreshälfte werden erfreuliche Studienergebnisse erwartet.
Eine interaktive Deutschlandkarte mit Corona-Forschungsprojekten bietet der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen.