Impfgegner und -skeptiker von den Vorzügen einer Covid-Schutzimpfung zu überzeugen: Vor allem den ärmeren Ländern der Welt muss die deutsche Debatte wie Hohn vorkommen – denn dort ist bislang überhaupt nur ein kleiner Teil der Bevölkerung geimpft. Verschiedene Initiativen wollen da weiterhelfen.
Bislang sind rund 60 Prozent der Weltbevölkerung mindestens einmal gegen das Corona-Virus geimpft. Die Schwellenländer Asiens und Lateinamerikas konnten ihren früheren Rückstand zu einem guten Teil aufholen. Anders sieht es in Afrika aus: Dort haben über 80 Prozent der Menschen noch keine Erstimpfung erhalten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass insgesamt rund 5,6 Milliarden Menschen mehrmals geimpft werden müssen, um die Covid-19-Pandemie zu beenden. Um das so schnell wie möglich zu erreichen, wurde unter Führung der WHO im Jahr 2020 die Impfstoffinitiative Covax gegründet. Mit dabei sind unter anderem das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef), weitere UN-Organisationen, Regierungen, Unternehmen und Stiftungen.
Infrastruktur wichtiger als Impfdosen
Covax hat bereits mehr als 10 Milliarden Dollar an Spenden erhalten und zudem zahlreiche Impfstoffdosen – auch aus Deutschland, dem nach den USA zweitgrößten Spenderland. Bislang wurden über Covax 150 überwiegend ärmere Staaten mit mehr als 1,2 Milliarden Impfdosen beliefert. Ist Ländern eine finanzielle Beteiligung nicht möglich, besteht Anspruch auf Gratislieferungen. Allerdings gibt es vor allem in Afrika Probleme, die Vakzine überhaupt zeitnah einzusetzen. Das meldete Covax im Februar 2022. Man habe von den Herstellern mehr Impfstoffdosen erhalten, als in absehbarer Zeit verimpft werden könnten. In einigen Ländern seien sogar weniger als 10 Prozent der gelieferten Menge tatsächlich genutzt worden. Die zuständigen Behörden der Afrikanischen Union haben deshalb um Lieferaufschub gebeten. Hintergrund: Viele afrikanische Impfkampagnen kämpfen mit Schwierigkeiten wie einer unzureichenden (Tief-)Kühlkette für die Vakzine oder einer zu geringen Impfbereitschaft.
Gleichwohl gibt es immer wieder Forderungen nach einer Patentfreigabe durch die Impfstoffhersteller. So könnten betroffene Länder selbst Covid-Impfstoffe herstellen. Doch auch wenn die Impfkampagnen besser in Schwung kämen – eine Freigabe von Patenten brächte kurzfristig keine zusätzlichen Impfstoffmengen. Darauf weist unter anderem der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) hin. Vielmehr müsse erst die notwendige Infrastruktur vor Ort aufgebaut und Personal geschult werden. „Wer den unversorgten Menschen in ärmeren Ländern wirklich helfen will, sollte sich dort für die technische und personelle Impf-Infrastruktur einsetzen“, betont vfa-Präsident Han Steutel.
Regionale Produktion fördern
Genau diesen Weg beschreiten bereits mehrere Impfstoffhersteller. Einer davon ist Biontech: Das Mainzer Pharmaunternehmen präsentierte kürzlich seine erste transportfähige Impfstoff-Produktionsstraße im Baukastenprinzip. Zwölf Container („Biontainer“) werden zu zwei Gebäudemodulen zusammengesetzt. Bioreaktor, Reinraum, Testinstrumente, Lüftungsanlage: Auf 800 Quadratmeter Grundfläche befindet sich alles, um 50 Millionen Dosen Impfstoff jährlich herzustellen – gegen Covid-19, aber auch gegen Malaria und Tuberkulose.
Gebaut werden die Module in Marburg, der Aufbau der ersten Produktionsstätte in Afrika soll Mitte 2022 beginnen. Um eine schnelle Inbetriebnahme zu erreichen, stellen zunächst die Rheinland-Pfälzer das Personal und betreiben die Anlage. Gleichzeitig werden Mitarbeiter von Partnern vor Ort geschult, sodass die Produktionsanlage später in regionale Hände übergehen kann.
Auch Janssen und Moderna sind in Afrika aktiv. Und im Senegal baut das belgische Unternehmen Unizima zusammen mit regionalen Vertretern ein Impfstoffwerk auf, das im Lauf des Jahres produktionsbereit sein soll. Zugleich machen die Pharmaunternehmen mächtig Tempo, um ihre Lieferungen erhöhen zu können: So sollen zur Jahresmitte bereits 18,5 Milliarden Dosen Covid-19-Impfstoff weltweit produziert worden sein.