Politik & Wirtschaft

Corona-Impfungen: Wirtschaft will unterstützen

· Lesezeit 6 Minuten.

Die Impfungen gegen das Corona-Virus sind der entscheidende Schritt zu etwas mehr Normalität. Die Erwartungen in den Unternehmen sind groß – genauso groß wie die Bereitschaft der Wirtschaft, mitzuhelfen bei der Impfkampagne. Wir haben uns in der Chemieindustrie umgehört.

BASF startet Corona-Impfungen im eigenen Impfzentrum

In Ludwigshafen beschäftigt BASF knapp 40.000 Menschen und steht bereit, alle Beschäftigten zu impfen, die sich dafür entscheiden. Im April hat der größte private Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz damit begonnen, Mitarbeiter im eigenen Impfzentrum am Standort Ludwigshafen gegen das Coronavirus zu immunisieren. „Ich bin stolz, dass wir nun helfen können, die Impfgeschwindigkeit zu erhöhen, das Gesundheitssystem zu entlasten und so einen weiteren Beitrag in der Pandemiebekämpfung zu leisten“, so Michael Heinz, Mitglied der Vorstands BASF SE und Standortleiter Ludwigshafen.

Pharmazeutin Dr. Sung Min Pyo im BASF-Impfzentrum. Foto: BASF
Pharmazeutin Dr. Sung Min Pyo im BASF-Impfzentrum. Foto: BASF

Nachdem BASF eine Multifunktionshalle auf dem Werksgelände zu diesem Zweck umgebaut hatte, hat die Landesregierung Rheinland-Pfalz das BASF-Impfzentrum nun als offizielles Corona-Impfzentrum im Rahmen des Modellprojektes „Betriebsarztimpfungen“ akkreditiert und dem Unternehmen wöchentliche Lieferungen von Impfstoff zugesichert. Das Impfzentrum unterliegt den gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie alle anderen in Deutschland. Die Verteilung des Impfstoffs erfolgt zentral über das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz. Auch bei der Impfreihenfolge muss BASF die Vorgaben des Landes einhalten. Geimpft werden entsprechend dieser vorgegebenen Reihenfolge zunächst Mitarbeiter, die zur Impfgruppe 2 gehören, zum Beispiel aufgrund schwerer Vorerkrankungen. Nach den BASF-Mitarbeitern könnten in einem späteren Schritt eventuell auch ihre Angehörigen ein Impfangebot erhalten. Das prüft das Unternehmen noch.

Auch Corona-Tests werden ausgeweitet

Kurzfristig baut BASF auch die Infrastruktur für Corona-Tests aus: Bei Bedarf sollen Mitarbeiter einmal wöchentlich im Werk einen kostenlosen Selbsttest erhalten. Seit Längerem nutzt der werkärztliche Dienst bereits Schnelltests, sobald er von möglichen Risikokontakten oder Übertragungen am Arbeitsplatz erfährt.

Die Vorhaben zeigen: Für Entwarnung oder die Planung einer Zeit „danach“ scheint es angesichts der dynamischen Pandemiesituation noch zu früh. Oberste Priorität ist deshalb weiterhin, dass alle BASF-Mitarbeiter Hygiene- und Abstandsregeln konsequent einhalten und auf dem gesamten Werkgelände medizinische Masken tragen. Ebenso gilt, dass Beschäftigte mit Corona-Symptomen nicht ins Unternehmen kommen dürfen. In allen Bereichen, in denen das möglich ist, bleiben zudem die Regelungen für das Arbeiten von zu Hause bestehen.

Impfzentrum der BASF; auch Tests bleiben Bestandteil der Corona-Strategie. Foto: BASF
Impfzentrum der BASF; auch Tests bleiben Bestandteil der Corona-Strategie. Foto: BASF

Profine ist bereit für interne Corona-Impfkampagne

„Wir stehen in den Startlöchern“, sagt auch Profine-Personalleiter Stefan Britz, wenn es ums Impfen gegen das Corona-Virus geht. Das Unternehmen aus Pirmasens hat sich mit seiner Betriebsärztin und dem arbeitsmedizinischen Dienst beraten und wäre in der Lage, die rund 1.700 Mitarbeiter an drei deutschen Standorten zu impfen. Jedenfalls sobald ausreichend Vakzin da ist und die Rolle der Unternehmen in der Impfstrategie fixiert ist.

Der Spezialist für Fensterprofile aus Kunststoff verknüpft klare Erwartungen mit verstärktem Impfen und Testen: „Damit die Pandemie so schnell wie möglich endet, sind mehr Testkapazitäten und eine rasche Verfügbarkeit von Impfstoffen mehr als wünschenswert“, sagt Peter Mrosik, geschäftsführender Gesellschafter von Profine. Seit Beginn des zweiten Lockdowns bietet das Unternehmen bereits Schnelltests – und im Bedarfsfall die noch verlässlicheren PCR-Tests – für Mitarbeiter an. Im wichtigen Produktionsbereich erfolgen die Testungen präventiv und regelmäßig. Alle anderen Beschäftigten können sich bei Corona-Verdacht testen lassen, die mühselige Terminsuche im Testzentrum oder beim Hausarzt entfällt. „Über diese Möglichkeiten sind unsere Mitarbeiter sehr froh und machen bereitwillig mit“, sagt Britz und ergänzt: „Um noch mehr testen zu können, schulen wir bereits Kollegen, die erfahrene Ersthelfer sind.“

Corona-Impfungen bringen Freiheiten zurück

Kurzfristig müssen also ausreichend Tests verfügbar sein. Der wichtigste Hoffnungswert für Profine aber sind Impfungen, die andere Vorkehrungen irgendwann überflüssig machen könnten. Und sie würden den Beschäftigten und dem Unternehmen Freiheiten zurückgeben: Gerade für einige Produktionsmitarbeiter sind bei ihrer anstrengenden Arbeit derzeit Gesichtsmasken eine zusätzliche Belastung – die dann wegfallen könnte. Außerdem könnten wieder mehr Mitarbeiter je Raum arbeiten, Kundenbesuche und standortübergreifende Projekte wären einfacher, sobald die Mobilität nicht länger eingeschränkt ist.

Der Fahrplan für die Zukunft steht. Bis das Impfen richtig Fahrt aufnimmt, gilt aber natürlich: Gesundheit zuerst. Und so betont Britz: „Das Arbeiten in Teilgruppen und der Schutz besonders gefährdeter Kollegen sind bei uns geübte Praxis.“

Huhtamaki setzt auf dezentrales Vorgehen bei Corona-Impfungen

Bei Huhtamaki hat die Pandemie nicht nur die Abläufe verändert. Auch die Absatzmärkte haben das Corona-Virus und seine Folgen kräftig durcheinandergewirbelt. In Alf an der Mosel produziert das Unternehmen unter anderem Becher für Bier und Heißgetränke sowie Verpackungen für Sandwiches, Obst und andere Nahrungsmittel. „Wir leben von der Mobilität und Spontaneität der Menschen in Europa“, sagt Geschäftsführer Hendrik Müller. „Und davon, dass Menschen ihre Freizeit zusammen verbringen und Events gemeinsam zelebrieren.“ Das alles ist derzeit unmöglich.

Noch. Denn die Impfkampagne gibt Müller Hoffnung. Und sein Unternehmen würde sich beteiligen, so weit es geht: „Sollte die Möglichkeit bestehen – und sollten endlich Altersgruppen ein Impfangebot bekommen, die noch erwerbstätig sind –, würden wir den Prozess gerne unterstützen. Sei es durch den Betriebsarzt, Terminkoordinierung in Impfzentren oder indem wir Räumlichkeiten und Infrastruktur zur Verfügung stellen.“

Zentrale Strukturen zum Impfen sind ineffektiv und langsam

Müller unterstreicht, wie wichtig so ein dezentraler Ansatz ist, an dem sich Unternehmen beteiligen. Die Politik müsse erkennen, dass eine schnelle, unbürokratische Verteilung, die gleichzeitig alle ethischen und rechtlichen Bedenken berücksichtigt, nur schwer möglich sei. „Der kurzfristige Aufbau zentraler Strukturen ist vielerorts ineffektiv und langsam. Umso wichtiger ist es, bestehende Strukturen zu nutzen, die ein schnelleres Verimpfen der Wirkstoffe erlauben. Ob Betriebsärzte, Hausärzte oder ein Drive-in sollte keine Rolle spielen, solange das zu einer möglichst schnellen Erhöhung der Impfquote führt.“

Huhtamaki bietet schon seit Jahren Grippeimpfungen für Mitarbeiter an. Da sei es kein Problem, dass der Werkarzt die 240 Beschäftigten gegen Covid-19 impft, sagt Müller. Auch mehr Tests wären notwendig, um das Virus einzudämmen. An den Hygiene- und Abstandsregeln im Betrieb werde sich durch all das aber erst mal nichts ändern, betont Müller: „Wir werden uns weiterhin an die vorgegebenen Schutzmaßnahmen halten. Solange geimpfte Menschen nicht grundsätzlich ‚bevorzugt‘ werden, werden wir dies am Arbeitsplatz ebenfalls nicht tun. Schließlich tragen wir als Arbeitgeber Sorge für die Gesundheit von 100 Prozent der Belegschaft. Egal ob geimpft oder ungeimpft.“

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