Geimpft oder nicht geimpft? Gastwirte und Kinobesitzer haben mit dieser Frage an ihre Besucher kein Problem. Gleiches gilt auch an vielen Arbeitsplätzen – etwa in Krankenhäusern, Arztpraxen und bei Rettungsdiensten, in Schulen, Kindergärten und Pflegeheimen. Anders in Industriebetrieben, also auch in Chemie- und Pharmaunternehmen: Bisher gibt es hier zum Auskunftsrecht des Arbeitgebers keine klaren Regelungen.
Das verursacht immer noch hohen praktischen Sicherheitsaufwand. Darunter leidet auch das betriebliche Miteinander, denn die Arbeitgeber stecken im Dilemma: Nicht fragen heißt nicht lockern. Solange über den Impfstatus im Betrieb keine Klarheit besteht, werden Corona-Schutzvorkehrungen fortbestehen müssen. Kein Wunder, dass in den Unternehmen die Diskussion um eine Änderung der Fragevorschriften hochkocht. Nicht zuletzt bei den mehr und mehr geimpften Menschen, die sich endlich ihre Freiheiten zurückwünschen, auch am Arbeitsplatz. Doch bislang bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich in Geduld zu üben.
Fragerecht in den Betrieben würde das Leben erleichtern
Gäbe es eine gesetzliche Klarstellung zum Fragerecht für alle Branchen und Bereiche – sie würde auch in der Industrie das Leben wieder deutlich erleichtern, unterstreicht Kristina Harrer-Kouliev, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Sie fordert daher einheitliche Regeln: „Wir brauchen schnell eine Klarstellung, dass dieses Auskunftsrecht den Betrieben aller Branchen zusteht.“ Schließlich könnten die Firmen nur mit dem Wissen über den Impfstatus ihrer Mitarbeitenden die erforderlichen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der gesamten Belegschaft festlegen, argumentiert die Juristin.
Arbeitsschutzverordnung reformiert, doch Möglichkeiten schwer nutzbar
Die jüngst reformierte Arbeitsschutzverordnung erlaubt unterschiedliche Hygienekonzepte für Geimpfte und Genesene einerseits sowie für Ungeimpfte andererseits, erläutert Harrer-Kouliev. „Damit ein Arbeitgeber da sinnvolle Konzepte entwickeln kann, muss er doch wissen, welche und wie viele Beschäftigte geimpft sind.“ Zudem dürfte auch viele Beschäftigte die Frage umtreiben: Ist die Kollegin neben mir in der Produktion, ist der Kollege im gleichen Büro nun geimpft – oder noch nicht? „Hygienepläne bei der Raumbelegung oder der Zusammensetzung von Teams kann ein Arbeitgeber nur aufstellen, wenn er weiß, wer geimpft oder genesen ist und wer nicht.“
Die Mehrheit der Deutschen ist jedenfalls dafür, dass Arbeitgeber wissen dürfen, ob ihre Mitarbeiter gegen das Corona-Virus geimpft sind: 56 Prozent der Erwachsenen teilen diese Meinung, 19 Prozent sind dagegen. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov von Ende August. Im Westen Deutschlands ist die klare Zustimmung („Ja, auf jeden Fall“) übrigens noch höher als im Osten. Zudem fällt die Zustimmung tendenziell umso höher aus, je älter die Befragten und je höher ihre Einkommen sind.
Die Betriebe jedenfalls haben allem notwendigen Aufwand zum Trotz ihre Hausaufgaben gemacht in Sachen Corona-Arbeitsschutz. Das unterstreicht auch eine aktuelle Untersuchung des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit (IAB). Demnach ist das Risiko, sich am Arbeitsplatz mit Corona anzustecken, in vielen Industriejobs gering – unter anderem in der Produktion und in Bürobereichen. Hier liege das Ansteckungsrisiko bei unter 0,5 Prozent. Ungleich höher, so das IAB, ist die Ansteckungsgefahr dagegen vor allem in den medizinischen und nicht medizinischen Gesundheitsberufen mit durchschnittlich etwa 35 Prozent.
Sich impfen zu lassen ist immer noch der beste Schutz
Die Zahlen vergleichen wohlgemerkt nur das Risiko, an Covid zu erkranken – sagen jedoch nichts darüber aus, ob es tatsächlich zu einer Infektion kommt. Klar ist aber: Geeignete Schutzmaßnahmen sind das A und O gegen Corona am Arbeitsplatz. Noch sicherer wird es nur, wenn man geimpft ist.
Weitere Informationen unter corona.rlp.de