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Chemieindustrie kämpft gegen CO2

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Chemieindustrie kämpft gegen CO2
Bereit für den Bau in der Nordsee: Riesige Rohre für den Turm einer Windanlage warten aufs Verladen. Foto: Vattenfall/Jorrit Lousberg.

Deutschland will schneller klimaneutral werden: Schon im Jahr 2045 statt 2050 soll die Bundesrepublik netto kein Klimagas CO2 mehr ausstoßen. Und bis zum Ende des Jahrzehnts sollen die Emissionen nun bereits um 65 Prozent gegenüber 1990 abnehmen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz hat die Regierung die Ziele verschärft.

Der Chemieverband VCI kritisiert das Gesetz: „Es fehlt der Plan, mit welchen konkreten Maßnahmen Treibhausgasneutralität verlässlich umgesetzt und gleichzeitig die Industrie vor Wettbewerbsnachteilen geschützt werden kann“, moniert VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. „Die neuen Klimaziele stehen fest, aber der Weg dahin bleibt im Nebel.“ Die Branche benötige für das neue Ziel enorme Mengen Grünstrom, rund um die Uhr und zu wettbewerbsfähigen Preisen.

BASF und der Energiekonzern RWE wollen Windpark in der Nordsee bauen

Der Chemiekonzern BASF packt die Herausforderung deshalb nun selbst an. „Wir wollen endlich vom Reden zum Machen kommen“, sagt Konzernchef Martin Brudermüller, startet erste Projekte und holt dafür die Energiekonzerne RWE und Vattenfall mit ins Boot. Das Ziel der Ludwigshafener: Eigenen Ökostrom aus Windanlagen in der Nordsee beziehen.

BASF und RWE haben jetzt eine Absichtserklärung für den Bau eines Mega-Offshore-Windparks unterzeichnet. Er soll mit zwei Gigawatt Leistung von 2030 an überwiegend die BASF mit Grünstrom beliefern. Dadurch könnten im Werk Ludwigshafen bis zu 2,8 Millionen Tonnen CO2 vermieden werden; der Standort emittiert 8 Millionen Tonnen im Jahr. Mit einem Fünftel des Stroms will RWE grünen Wasserstoff erzeugen. Der Essener Konzern beziffert die Gesamtkosten des Projekts auf rund 4 Milliarden Euro. Eine Förderung wollen die Partner von der Politik nicht, nötig seien aber eine frühere Ausschreibung von Windanlagenflächen in der Nordsee und ein Anschluss ans Übertragungsnetz. Zudem solle der Strom nicht mit der Ökostromumlage belastet werden.

Chemieindustrie benötigt 2045 über 600 Milliarden Kilowattstunden Strom

Die BASF hat noch ein Projekt: Für 1,6 Milliarden Euro kauft sie von der schwedischen Vattenfall knapp die Hälfte des Windparks Hollands Kust Zuid. 140 Turbinen werden dort bereits von 2023 an Strom erzeugen und damit unter anderem das BASF-Werk in Antwerpen beliefern.

Windpark im Meer: Die BASF kooperiert auch mit dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall. Foto: Vattenfall/Jorrit Lousberg
Windpark im Meer: Die BASF kooperiert auch mit dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall. Foto: Vattenfall/Jorrit Lousberg

Übrigens: Auch VW kooperiert mit RWE und will in Wind- und Solarparks investieren – um Stromtankstellen für E-Autos zu beliefern. Der Reifenhersteller Michelin hat in den Werken Bad Kreuznach, Homburg und Karlsruhe in den letzten Jahren 125.000 Quadratmeter Solarfläche zugebaut. Durch die verschärften Klimaziele stehen Firmen unter Druck, eigene Quellen für Grünstrom zu erschließen.

Eine Herausforderung sind da energieintensive Anlagen. Wie etwa die beiden riesigen Steamcracker der BASF, die bei 850 Grad Celsius aus Rohbenzin Chemiegrundstoffe erzeugen. Statt mit Erdgas sollen sie künftig mit Ökostrom beheizt werden. Das erfordert viel Entwicklungsarbeit und enorme Investitionen. Und das nicht nur in Ludwigshafen. Bundesweit betreiben zehn Unternehmen 14 dieser Anlagen. Für ein klimaneutrales Deutschland müssten sie alle elektrifiziert werden – und Hunderte andere Chemieanlagen dazu. Am Ende wird die Branche über 600 Milliarden Kilowattstunden Grünstrom benötigen. Das ist mehr, als ganz Deutschland 2020 verbraucht hat. Und zeigt die gewaltige Aufgabe. Auf der Agenda der kommenden Bundesregierung dürfte sie weit oben stehen.

Lesen Sie zum Thema auch den Kommentar von Patrick Graichen, Direktor der Denkfabrik Agora Energiewende.

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