Die Verhandlungen für die rund 69.000 rheinland-pfälzischen Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie sind ergebnislos vertagt worden. Sie werden am 21. März in Hannover auf Bundesebene fortgesetzt.
Die Tarifgespräche in der Chemie waren überschattet von den Ereignissen in der Ukraine. "Es ist unfassbar, was sich in der Ukraine abspielt. Wir alle sind erschüttert und entsetzt. Es fällt uns schwer, in der jetzigen Situation über Wirtschaft und höhere Löhne zu sprechen", sagte Hendrik Müller, Verhandlungsführer der Arbeitgeber.
Arbeitgeber setzen sich für zukunftsfeste Branche ein
Nach dreistündigen Verhandlungen gab es keine Annährung der Chemie-Tarifparteien. Kernforderung der IGBCE ist ein Lohnplus über der Inflation. Aus Sicht der Arbeitgeber sind die tariflichen Entgelte und Zusatzleistungen mit durchschnittlich rund 64.000 Euro bereits jetzt sehr hoch. "Wir müssen in die Zukunft der Branche investieren - in Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung, Fachkräftemangel und die Auswirkungen der EU-Chemikalienstrategie. Unsere Aufgabe als Tarifparteien ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Das ist der einzig erfolgversprechende Weg, um Standort und Beschäftigung auch im Umbruch zu sichern", so Müller.
Tarifverträge regeln Mindestanforderungen
Die rheinland-pfälzische Chemie hat 2021 weniger produziert als 2018. Die Unternehmen entwickeln sich sehr unterschiedlich aus der Krise heraus. "Wenige Positivbeispiele sind kein Maßstab für die Fläche. Insbesondere bei den Automobilzulieferern ist die Kurzarbeit nicht vom Tisch. Wir verhandeln über Mindestanforderungen für die Unternehmen", betonte Müller. Zudem träfen die hohen Transformationslasten drei Viertel der Firmen bereits jetzt - und schwächen die Wettbewerbsfähigkeit. "Die Kostensituation ist in vielen Unternehmen sehr angespannt, die Unsicherheiten sind extrem hoch. In dieser Situation sind weiter stark steigende Arbeitskosten das falsche Signal", so Müller.
IGBCE bekräftigt Forderungen
Die Tarifkommission der Chemie- und Pharmagewerkschaft IGBCE Rheinland-Pfalz sieht keinen Grund, von ihren beschlossenen Forderungen nach höherer Kaufkraft, besseren Zukunftschancen und Sicherheit in der Transformation abzurücken. "Bei der stetig gestiegenen Inflationsrate muss eine deutliche Kaufkraftsteigerung durch die Entgelterhöhung realisiert werden", betonte Landesbezirksleiter und Verhandlungsführer Roland Strasser nach den Gesprächen am Donnerstag. "Die teurer werdenden Energie- und Kraftstoffpreise gehen auf Kosten der Beschäftigten, die hier enorme Belastungen haben. Auch die Verbraucherpreise erhöhten sich im Schnitt um gut drei Prozent. Deshalb müssen wir die Kaufkraft der Beschäftigten entsprechend stärken."
"Die Branche hat die Pandemie insgesamt schnell hinter sich gelassen. Mehr noch: Wir liegen wieder auf Vor-Corona-Niveau", betonte Tatjana Diether, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei BASF. "Der Verband attestiert sich für 2021 eine ,starke Bilanz‘, die sich über ,nahezu alle Produktbereiche‘ erstreckt. Gleichzeitig sehen sich die Beschäftigten mit Rekord-Inflationsraten konfrontiert. Deshalb gilt es jetzt, in die Kolleg*innen zu investieren und sie jetzt zu entlasten."
"In der Branche fehlen die Fachkräfte", kritisiert Christian Viering, Betriebsratsmitglied bei Boehringer Ingelheim. Deshalb müsse die Chemie sich noch attraktiver machen, "damit wir im direkten Arbeitsplatzwettbewerb mit anderen Wirtschaftszweigen nicht hinten anstehen. Es gilt nun, in die Menschen zu investieren und mit den Beschäftigten gemeinsam die großen anstehenden Herausforderungen wie Digitalisierung und Transformation zu bewältigen."