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Fakten übers Impfen – nicht nur gegen Corona

· Lesezeit 4 Minuten.
 Impstoff gegen Viruserkrankungen. Foto: weyo - stock.adobe.com
Hilft zuverlässig: Impstoff gegen Viruserkrankungen. Foto: weyo - stock.adobe.com

Impfen dämmt die Ausbreitung gefährlicher Krankheiten wirksam ein. Aber nicht erst seit dem Corona-Ausbruch ist es umstritten. Statt Mythen lesen Sie in diesem Faktencheck die wichtigsten Tatsachen und Tipps zum Thema. Mehr übers Impfen auch in diesem Faktencheck.

 

Warum sollte man sich und sein Kind impfen lassen?

 

 

Impfen kann sich nicht nur für jeden Einzelnen lohnen, weil es vor lebensbedrohlichen Krankheiten schützt. Auch alle Mitmenschen profitieren – weil die Ausbreitung einer Infektion in der Bevölkerung verhindert werden kann. Dieser Gemeinschaftsschutz („Herdenimmunität“) nutzt gerade auch denjenigen, die selbst nicht geimpft werden können, weil etwa ihr Immunsystem nicht richtig funktioniert. So kann etwa Keuchhusten bei Säuglingen zu schwerer Atemnot führen. Die Impfung der Eltern und anderer Kontaktpersonen schützt vor einer Übertragung des Erregers, auch bevor die eigene Grundimmunisierung abgeschlossen ist. Mehr unter www.impfen-info.de

 

Gibt es eine Impfpflicht in Deutschland?

 

 

Seit dem März 2020 gilt in Deutschland eine Impfpflicht gegen Masern etwa für Kinder und Personal in Kindertagesstätten und Schulen. Eltern müssen vor der Aufnahme nachweisen, dass ihre Kinder ausreichenden Schutz haben – ansonsten werden die Kinder nicht aufgenommen. Darüber hinaus gibt es in Deutschland keine Impfpflicht. Vielmehr setzt das Infektionsschutzgesetz enge rechtliche Grenzen. Auch gegen Corona ist laut Bundeskanzleramt keine Impfpflicht vorgesehen. Stattdessen setzt die Politik auf die Eigenverantwortung jedes Einzelnen.

 

Was passiert eigentlich bei einer Impfung?

 

 

Der menschliche Körper bildet Abwehrstoffe (Antikörper), um Krankheitserreger abzuwehren. Sogenannte Gedächtniszellen können Erreger auch nach Jahren noch wiedererkennen und bekämpfen. Das Immunsystem ist also lernfähig. Diese Eigenschaft wird bei Impfungen genutzt: Dabei lösen abgeschwächte oder abgetötete Erreger zwar keine Infektion aus, aber der Körper reagiert trotzdem mit der Bildung von Antikörpern und Gedächtniszellen. Diese helfen, wenn tatsächlich eine Infektion auftritt.

 

Welche Arten von Impfstoffen gibt es?

 

 

Die meisten Impfstoffe gehören zu einem dieser Typen:

 

Lebendimpfstoffe. Enthalten abgeschwächte Krankheitserreger. Diese können sich zwar noch vermehren, aber keine Krankheit mehr auslösen. Sie „trainieren“ das Immunsystem ähnlich wie eine überstandene Erkrankung. Dass frisch Geimpfte andere anstecken, kann allenfalls sehr selten vorkommen.

 

Inaktivierte Impfstoffe. Sie sind heute am gebräuchlichsten. Von ihnen geht keine Ansteckungsgefahr aus. Sie enthalten abgetötete Erreger oder nur noch Teile davon, auf die das Immunsystem reagieren kann.

 

Genbasierte Impfstoffe. Enthalten ausgewählte Gene eines Krankheitserregers. Nach der Impfung stellen Zellen des Geimpften damit Viruseiweiße (Proteine) her, die dann wie bei einem inaktivierten Impfstoff wirken.

 

Gegen drei, vier oder mehr Infektionskrankheiten gleichzeitig schützen Kombinationsimpfstoffe. Diese kann der Körper auch junger Kinder schon gut bewältigen – im Alltag ist der Organismus viel mehr Erregern ausgesetzt.

 

Wie lange dauert die Entwicklung eines Impfstoffs?

 

 

Ein Impfstoff (Vakzin) gegen Corona könnte bereits 2021 gefunden werden, erwarten Experten. Das wäre extrem schnell. Denn üblicherweise können allein von der Forschung nach einem Wirkstoff (Antikörper) bis zur Herstellung fünf Jahre und mehr vergehen. Nach der Erprobung an Tieren wird der Wirkstoff jahrelangen klinischen Prüfungen unterzogen. Erst dann wird er zugelassen. Der ganze Prozess dauert schnell elf Jahre und länger. Neue Technologien wie Supercomputer, die Tausende Wirkstoffkombinationen digital „durchspielen“, sowie Vorerfahrungen ermöglichen das hohe Tempo beim Corona-Vakzin.

 

Wie verläuft die klinische Prüfung von Impfstoffen?

 

 

Bei den Kliniktests wird ein Impfstoff in mindestens drei Phasen an Menschen erprobt: Phase I mit zumeist 20 bis 40 Freiwilligen zielt darauf, herauszufinden, wie sicher und verträglich ein Impfstoff ist. In Phase II wird nach der besten Anwendungsweise und Dosierung des Impfstoffs gesucht, nach seiner Wirksamkeit und möglichen Nebenwirkungen. Zumeist nehmen daran mehrere Hundert Menschen teil. In Phase III müssen Hersteller gegenüber den Zulassungsbehörden belegen, dass ein Impfstoff sehr guten Krankheitsschutz bei vertretbarem Risiko bietet. In dieser Phase gibt es meist mehrere Tausend Probanden.

 

Wie kommt die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs voran?

 

 

Weltweit arbeiten Pharmaunternehmen und Forschungsinstitute an über 150 verschiedenen Impfstoffen. In Deutschland werden acht davon entwickelt. Zwei sind bereits mit Freiwilligen in Erprobung, bis September werden es voraussichtlich schon drei sein. Zudem produzieren einige deutsche Unternehmen Komponenten für Impfstoffe, die im Ausland entwickelt werden. Auch mehrere deutsche Universitäten wirken an solchen ausländischen Impfstoffprojekten mit.

 

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