Am Freitag, den 23. April, ist der „Tag des deutschen Bieres“: An diesem Datum wurde im Jahr 1516 das Reinheitsgebot für Bier verkündet. Bis heute braut man Bier aus den Rohstoffen Hopfen, Malz, Hefe und Wasser – hierzulande rund 6.000 Sorten. Rheinland-Pfalz, das viele Menschen eher mit Wein verbinden, ist mit mehr als 70 Brauereien kräftig im Geschäft. Und die Anbaufläche von Braugerste ist größer als die vorhandene Rebfläche
Bierdurst
Auf dem globalen Markt für alkoholische Getränke stellt Bier das wichtigste Segment dar – sowohl nach Menge als auch nach Umsatz. 2019 wurden weltweit mehr als 1.900 Millionen Hektoliter gebraut. Auch beim deutschen Verbraucher ist es beliebt: 2020 tranken die Deutschen 95 Liter Bier pro Kopf. Nur unsere Nachbarländer Tschechien und Österreich konsumierten im europäischen Vergleich noch mehr. Allerdings ist der Bierkonsum zuletzt gesunken, im vergangenen Jahr besonders wegen Corona: Die Gastronomie musste schließen, Veranstaltungen wie Stadionbesuche oder das Oktoberfest fielen komplett aus.
Von Lahnsteiner Bräu bis Temmelser Braukeller
Deutschland hat nach Großbritannien und Frankreich die meisten Brauereien (rund 1.500). Die meisten davon stehen in Bayern (637), gefolgt von Baden-Württemberg (200). Mit 77 Brauereien liegt Rheinland-Pfalz – zusammen mit dem Saarland – auf Platz sieben der Bundesländer. Im langfristigen Trend nimmt die Anzahl der Braustätten zu, obwohl der Bierabsatz eher rückläufig ist. Das liegt an neuen lokalen Klein- und Kleinstbrauereien, die nur geringe Mengen produzieren. Auch in Rheinland-Pfalz entstehen viele regionale Biersorten. Bekannt sind zum Beispiel das Ottersheimer Bären-Bräu, Schnorres, Alzeyer Volker Bräu, Bellheimer, die Vulkan Brauerei, Koblenzer oder Erzquell. Manche der Brauereien haben eine lange Tradition wie die Lahnsteiner Brauerei, gegründet 1667. Recht frisch am Markt ist dagegen zum Beispiel der Temmelser Braukeller, Gründungsjahr 2018.
Bier war nicht immer lecker
Vor etwa 6.000 Jahren entdeckte man das Bierbrauen eher zufällig in Mesopotamien, auf dem Gebiet des heutigen Irak: Ein Brotbäcker ließ wohl den Teig zu lange in der Sonne stehen, die Hefekulturen setzten einen Gärprozess in Gang. Es entstand eine klebrige Masse mit berauschender Wirkung, der Vorläufer des heutigen Bieres. Im frühen Mittelalter verbesserten die Mönche in den Klöstern die Kunst des Brauens, legten Hopfengärten an und verfeinerten den Geschmack des Bieres. Doch es enthielt oft abenteuerliche Zutaten wie Kiefernwurzeln, Ochsengalle, Tollkirsche oder Fliegenpilz für einen besonderen Geschmack oder eine bessere Haltbarkeit. Und für Dunkelbier? Gab’s eine Prise Ruß. Das Reinheitsgebot machte mit diesen Rezepten Schluss.
Bier richtig lagern
Dem Bier verdanken wir den Kühlschrank: Es war eine Brauerei, die den Tüftler Carl Linde beauftragte, eine Kältemaschine zu bauen, um gärendes Bier zu kühlen. Das Jahr 1876 gilt daher als die Geburtsstunde der heutigen Modelle. Neben Kälte tut Dunkelheit dem Bier gut: UV-A-Strahlen lassen es mit der Zeit bitter werden. Da auch Sauerstoff der Qualität schadet, hält sich der Gerstensaft am besten in einem Fass, einer Dose oder braunen Flaschen. Tipp: Flaschenbiere stehend lagern und wegen des Geschmacks höchstens sechs Monate aufbewahren.
Alkoholfreies Bier weiter im Trend
Keine Promille, weniger Kalorien: Nicht nur Autofahrer lassen sich alkoholfreies Bier schmecken. Sein Marktanteil hat sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Die Brauereien erwarten, dass bald jedes zehnte verkaufte Bier in Deutschland alkoholfrei sein wird: Schon heute liegt der Anteil alkoholfreier Biere am deutschen Biermarkt bei über 6 Prozent. Mittlerweile werden übrigens mehr als 400 alkoholfreie Varianten angeboten, vor allem Pils, Weizen und Radler. Es gibt aber auch Spezialitäten wie Kölsch oder Alt sowie Craft-Biere wie India Pale Ales ohne Alkohol.
Zahlen, bitte
2020 wurden insgesamt 72 Millionen Hektoliter Bier in Deutschland abgesetzt, davon am meisten in Nordrhein-Westfalen (18 Millionen). Rheinland-Pfalz landete mit 4,5 Millionen Hektolitern nach Bayern und Sachsen auf Platz vier. Der bundesweite Umsatz mit Bier belief sich auf 19,2 Milliarden Euro, bis Ende 2021 soll er auf 21 Milliarden klettern. Jährlich investiert die Brauwirtschaft 643 Millionen Euro und beschäftigt mehr als 28.000 Frauen und Männer. Auch das Ausland schätzt deutsches Bier: 2020 exportierten die heimischen Brauereien 15 Millionen Hektoliter, rund 17,5 Prozent der produzierten Gesamtmenge. Hauptabnehmer sind Italien, China und Russland. Der Anteil deutscher Brauereien am weltweiten Bierausstoß betrug rund 5 Prozent.
Ungetrübte Aussichten
Beim Bier zählen Geschmack, Schaum, Farbe – und Klarheit. Sieht das Pils trübe aus, will es keiner trinken. Für „Glanzfeinheit“ sorgt ein Pulver, das Kieselgel. Die farblosen Kügelchen stellt zum Beispiel das Chemieunternehmen Grace in Worms her. Fließt das Bier über das grobporige Pulver, bleiben Eiweiße daran hängen, die das Gebräu verdunkeln könnten. Vor der Abfüllung filtert man diese Trübstoffe mithilfe von Kieselgel (oder Silicagel) heraus. Weltweit werden etwa 40.000 Tonnen Kieselgel für die Aufbereitung von Bier eingesetzt, Grace ist einer der drei größten Produzenten.