Chemie im Alltag

Periodensystem: Warum neue Elemente hinzukommen

· Lesezeit 4 Minuten.
Drei Glasgefäße sind vor einem Ausschnitt des Periodensystems und Molekülstrukturen zu sehen
Aufwendiges System: Der Name eines chemischen Elements kann aus Mythologie oder Astronomie stammen oder vom Namen eines Minerals, eines Orts, einer Region oder eines Wissenschaftlers abgeleitet werden. Foto: Li Ding – stock.adobe.com

Kupfer, Eisen, Gold, Silber kennt die Menschheit seit Jahrtausenden. Diese Elemente hingegen erst seit einigen Jahren: Livermorium und Flevorium zählen seit 2011 offiziell zum Periodensystem der Elemente, Nihonium, Moscovium, Tennessine und Oganesson seit 2016. 

Das Kuriose an ihnen: In der Natur kommen sie gar nicht vor. Sie wurden künstlich in riesigen Kernforschungsanlagen erzeugt. In Schwerionenbeschleunigern werden dafür elektrisch geladene Atome fast auf Lichtgeschwindigkeit gebracht und auf andere Atome geschossen. Dabei verschmelzen die Atomkerne, ein neues Element entsteht. 

Aber: Die so erzeugten Elemente existieren nur für Sekunden-Bruchteile. Sie zerfallen rasch wieder und geben dabei Strahlung ab, sind also radioaktiv. Ihre kurzzeitige Existenz weisen Forscher anhand der Zerfallsprodukte nach. 

Forschung an neuen Elementen: Was die Forscher antreibt

Warum überhaupt der ganze Aufwand? Es ist die Suche nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. Die Forscher wollen mit den künstlichen Elementen mehr über Atomkerne, ihren Aufbau aus Protonen und Neutronen sowie deren Zusammenhalt lernen. 

Zudem vermuten sie, dass noch schwerere Elemente womöglich wieder stabiler als die Youngsters sind. Die wollen sie unbedingt finden. Welchen Nutzen ihre Entdeckungen vielleicht einmal haben, kann niemand sagen. Wie bei Mondflügen geht es auch ums Renommee. 

So entstehen die Namen neuer Elemente

Den Namen eines Elements kann sein Entdecker vorschlagen. Er kann ihn aus Mythologie oder Astronomie wählen oder vom Namen eines Minerals, eines Orts, einer Region oder eines Wissenschaftlers ableiten. 

Bis ein Element endgültig anerkannt und benannt ist, erhält es einen vorläufigen Namen. Der richtet sich nach der Anzahl der Protonen im Atomkern, also der Ordnungszahl im Periodensystem. Jede Ziffer dieser Zahl wird mit einem lateinischen oder griechischen Zahlwort übersetzt. Das Element 115, jetzt Moscovium, hieß vorläufig „Un-un-pentium“.

● Moscovium (Mc). Es entstand im Jahr 2004 aus der Kooperation des Instituts für Kernforschung in Dubna nahe Moskau mit dem Lawrence Livermore National Laboratory im US-Bundesstaat Kalifornien. Der Name leitet sich von der russischen Hauptstadt ab.

● Livermorium (Lv). Wurde nach Livermore in Kalifornien benannt, dem Sitz des beteiligten US-Insituts.

● Tennessine (Ts). Ein wichtiges Vorprodukt für die Erzeugung lieferte das Oak Ridge National Laboratory in Tennessee.

● Oganesson (Og). Ehrt mit seinem Namen den russischen Kernphysiker Yuri Oganessian. Niemand hat mehr Elemente entdeckt als er.

● Nihonium (Nh). Es ist das erste in Asien erzeugte Element. 2004 wurde es im Riken Nishina Center for Accelerator-Based Science in Japan erzeugt. Der Name leitet sich von „Nihon“ ab, japanisch für „Japan“. Es bedeutet „Land der aufgehenden Sonne“.

● Flevorium (FI). Es ist das flüchtigste Metall im Periodensystem. Benannt wurde es nach dem russischen Physiker und Entdecker der spontanen Kernspaltung Georgi Nikolajewitsch Fljorow (Flerov). 

IUPAC: Diese Organisation entscheidet über neue Elemente

Die Entscheidung trifft die Internationale Union für reine und angewandte Chemie, die IUPAC (englisch: International Union of Pure and Applied Chemistry). Die wurde 1919 von Chemikern gegründet, hat ihren Sitz in Zürich und legt die Regeln für eine systematische und einheitliche Namensgebung von chemischen Stoffen fest. 

Die IUPAC bestimmt das zusammen mit der internationalen Physiker-Gesellschaft IUPAP. Denn: Die neuen Elemente erzeugen Physiker. Erst wenn weitere Forschergruppen ihr Entstehen bestätigen, werden sie im Periodensystem der Elemente akzeptiert – also der Übersicht, in der die Elemente nach Atomaufbau und Eigenschaften angeordnet sind. Anhand der Tabelle lässt sich vorhersagen, wie Elemente chemisch bevorzugt reagieren.

GSI in Darmstadt: Die deutsche Elementeschmiede

Sehr erfolgreich beim Entdecken neuer Elemente ist das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. Wissenschaftler erzeugten dort in den 1980er- und 1990er-Jahren die Elemente Bohrium, Hassium, Meitnerium, Darmstadtium, Roentgenium sowie Copernicium. Bei anderen Elementen bestätigten die Darmstädter die Existenz. 

Die Anlagen des GSI können elektrisch geladene Atome auf bis zu 270.000 Kilometer pro Sekunde beschleunigen; das entspricht 90 Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Für 3,3 Milliarden Euro entsteht dort jetzt ein noch größerer Beschleuniger. Am GSI sind die Bundesrepublik, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen beteiligt.

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