Arbeiten in der Chemie

Fachleute für Feuchttücher

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Fachleute für Feuchttücher
Forschen und entwickeln: Chemikerin Emma Mosymow und ihre Laborkolleginnen arbeiten ständig an neuen Formulierungen. Foto: Daniel Roth

Markus und Daniel Nölken machen Babys froh. Und deren Eltern ebenso. Außerdem Haustierbesitzer und Autofahrer, Altenpfleger und alle Menschen, die ihren Toilettengang gerne besonders komfortabel abschließen. Denn das Hauptprodukt ihres Familienunternehmens Nölken Hygiene Products sind Feuchttücher. Im Werk in Windhagen werden Jahr für Jahr rund 120 Millionen Packungen mit flüssigkeitsgetränkten Vliesstofftüchern produziert. Ein Massengeschäft für unterschiedliche Märkte, in dem Nölken eine wichtige Rolle einnimmt und für große Drogerie- und Supermarktketten sowie Markenartikler produziert.

70 Prozent des Umsatzes mit Babyartikeln

„Wir haben einen Schwerpunkt auf der Babypflege“, erzählt Markus Nölken. Der 49-Jährige ist für Produktion und Vertrieb zuständig und teilt sich die Geschäftsführung mit Bruder Daniel, 42, der die Lieferkette verantwortet. „70 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit Babyartikeln. Das ist wahrscheinlich in der Historie unseres Vaters begründet, der acht Jahre bei Bübchen gearbeitet hat“, sagt Markus Nölken.

Vater Ernst hatte sich 1982 selbstständig gemacht, zunächst mit einer Handelsgesellschaft. 1988 zog er eine eigene Produktion auf, die seitdem stetig wächst. 2010 verkaufte er an seine Söhne, die durch verschiedene Schülerjobs und ihre Kaufmannslehren im Unternehmen bestens vorbereitet waren.

Vor allem der Babybereich expandiert. Seit 1997 produziert Nölken die früher zugekauften Stilleinlagen in Eigenregie, seit 2008 gilt dasselbe für die Tränkflüssigkeiten der Tücher. Aus der „Flüssigkompetenz“ hat sich zudem die Produktion von Babyshampoos, -bädern und -cremes ergeben. „Wir haben schon immer den Seriengedanken verfolgt“, erklärt Markus Nölken. „Wir liefern eine komplette Produktpalette für eine Endkundengruppe.“ Die Nölken-Abnehmer sitzen vor allem in Europa, der arabische Raum und China aber sind wichtige Wachstumsmärkte. „Dort schätzt man ,made in Germany‘ sehr“, betont Daniel Nölken.

Feuchttücher für Babys, Erwachsene - und für Haustiere

In den Werkhallen werden täglich vier Lkw-Ladungen mit 300 Kilogramm schweren sogenannten Mutterrollen angeliefert. Der Vliesstoff wird unter hochreinen Bedingungen getränkt, zugeschnitten und abgepackt. In seiner Zusammensetzung ist das Feuchttuch flexibel. Das Tuchmaterial variiert je nach Anwendungszweck und Kundenwünschen. Hinzu kommen unzählige Tränkflüssigkeiten, ständig werden neue Wirk-, Duft- und Konservierungsstoffe entwickelt. Die pH-Werte unterscheiden sich, es gibt Formeln für den Sensitiv- und Ultrasensitiv-Bereich.

Mehr als 500 Rezepturen sind es, darunter solche für Abschminktücher, feuchtes Toilettenpapier und die Reinigung von Tierfell, -pfoten und -schnauzen. In den Tränkflüssigkeiten stecken am meisten Know-how und Entwicklungsarbeit: Rohstoffe ändern sich, Wirksamkeit und Verträglichkeit der Rezepturen werden stetig optimiert. „Und die meisten Produkte sind vegan“, sagt Daniel Nölken.

Hat der Seniorenmarkt Potenzial?

Damit, dass ihre Tücher zweckentfremdet werden, können die Brüder Nölken gut leben: „Wir wissen, dass ein Großteil der Babytücher in die Altenpflege geht“, sagt Markus Nölken. „Auch Felgen bekommt man sehr gut sauber.“ Gerade der Altenpflege-Fakt bewegt ihn: „Seniorenprodukte aus dem Sanitätshaus sind deutlich teurer als Babytücher aus dem Supermarkt – das steht in keinem Verhältnis.“ Feuchttücher für ältere Menschen sollten größer sein, „ansonsten wären die Formeln aber sehr ähnlich“.

Solche Tücher wären günstiger und arbeitserleichternd auf dem Pflegemarkt, der unter Personal- und Geldknappheit leidet. Produktideen hat Nölken parat, schwierig wäre einzig die Verkaufe: „Babytücher kann man charmant benennen und bebildern“, sagt Markus Nölken. „Aber alt will niemand von uns Konsumenten sein.“

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