Was war der Anfang Ihrer Innovation?
Vor vielen Jahren habe ich als Laborteamleiter bei der BASF angefangen. Dort habe ich 2009 festgestellt, dass die Messtechnik nicht tat, was sie sollte, und nach vielem Ausprobieren entdeckt, dass eine Systematik da drinsteckt. Und zwar eine, aus der man Produkte und Anwendungen entwickeln kann, für die Interessierte Geld bezahlen. Im Kern ging es darum, dass organische Solarzellen im Unterschied zu Siliziumsolarzellen eine andere Stromerzeugungscharakteristik haben. Aus dieser Entdeckung haben wir eine neuartige Form der Abstandsmessung und schließlich eine Gesichtsauthentifizierung entwickelt. Auf dem Weg zur Kommerzialisierung hatten wir dann nochmal einen Aha-Moment und haben daraus unsere Lösung der mobilen Nah-Infrarotspektroskopie entwickelt.
Worin haben Sie den Nutzen der ersten Innovation gesehen?
Zunächst in 3-D-Darstellungen am Computer, die auf die herkömmliche Weise eine hohe Rechenleistung erfordern. Das gilt zum Beispiel für Computerspiele oder Flugsimulatoren. Ich habe einen handgesteuerten Flugsimulator und einen Kameraprototypen gebaut, um zu zeigen, wie die Technologie funktioniert, statt sie zu nur zu beschreiben. Ich bastele gern. Und mit dem Prototypen konnte ich internationale Interessenten gewinnen. Bis zu unseren heutigen Produkten im Bereich der Gesichtsauthentifizierung und der mobilen Nah-Infrarotspektroskopie war es allerdings ein weiter Weg.
Warum sind Sie drangeblieben?
Ich wollte etwas bewegen und handfeste Ergebnisse erreichen. Auch Spuren im Schnee hinterlassen. Ich bin aber kein Romantiker. Mir geht es darum, ein nachhaltiges Geschäft aufzubauen.
Welche Rolle spielt die BASF für den Erfolg von Trinamix?
Manchmal war es ein harter Kampf, andere zu überzeugen, in etwas völlig Neues zu investieren. Hardwareentwicklung ist sehr teuer. Heute bin ich stolz darauf, dass die BASF als Konzernmutter und wir als Start-up es zusammen geschafft haben. Dabei ist Trinamix operativ ein eigenständiges Unternehmen. Als 100-prozentige BASF-Tochter haben wir den Vorteil, auf das internationale Netz, auf Kontakte und das Know-how unserer Konzernmutter im Umgang mit geistigem Eigentum zurückgreifen zu können. Zugleich stellen wir uns denselben Wirtschaftlichkeitsprüfungen wie der Konzern.
Was macht einen wirklich innovativen Menschen aus?
Mit offenen Augen durch das Leben gehen, nichts als gegeben hinzunehmen, Selbstverständliches zu hinterfragen und hartnäckig zu sein. Es gilt aber auch: Die brutale Wahrheit ist, dass eine Innovation sehr wahrscheinlich nicht funktioniert. Oder niemand sie haben will. Darum schaffen es von 100 Start-ups nur drei. Wir wollen eins davon sein.
Wo steht Trinamix jetzt, und was passiert als nächstes?
Aus der Anfangsidee ist eine Firma mit 240 Mitarbeitenden und 550 Patenten und Patentanmeldungen geworden. Wir erwarten, mit den meisten unserer Produktfamilien in Kürze profitabel zu arbeiten. Und wir wachsen weiter. Unsere Technologie ist optimal für Smartphoneanwendungen geeignet. Dies eröffnet ein besonders großes Geschäftsfeld.
Trinamix auf einen Blick
- Gründer und Hauptgeschäftsführer: Ingmar Bruder
- Gegründet: 2015
- Innovationen: Neuartige Gesichtsauthentifizierung; Mobile Nah-Infrarotspektroskopie
- Patente und -anmeldungen: 550
- Mitarbeitende: 240 aus 25 Nationen
- Sitz: Ludwigshafen
- Präsenzen: China, USA, Japan, Korea, Brasilien
- Hauptproduktfamilien: Gesichtsauthentifizierung, Mobile Nah-Infrarot-Spektroskopie
Mobile Nah-Infrarot-Spektroskopie: Was ist das?
Infrarotstrahlung ist ein unsichtbarer Teil der optischen Strahlung. Die natürliche Hauptquelle ist die Sonne. Infrarotstrahlung hat unterschiedliche Wellenlängen. Die Spanne von ca. 1000 bis 3000 Nanometern nennt man Nah-Infrarotbereich (NIR). Die NIR-Spektroskopie macht sich zunutze, dass die Infrarotstrahlung Moleküle in organischen Verbindungen anregt. Dies können Kunststoffe, Textilien oder auch Lebens- und Futtermittel sein. Sie reflektieren die Strahlung auf sehr spezifische Weise. Gleicht man diesen materialtypischen oder im Falle der Haut – individuellen – Fingerabdruck der Probe mit einem hinterlegten Referenzwert ab, lassen sich Substanzen und ihre Qualitätsmerkmale bestimmen beziehungsweise sicher wiedererkennen. In den Trinamix-NIR-Spektroskopie-Geräten befinden sich winzige und doch robuste, hauchdünn verkapselte Infrarotsensoren, die das Unternehmen in Ludwigshafen selbst herstellt. Der Hauptgrund dafür: Nirgends sonst wurden Sensoren mit diesen Eigenschaften produziert. Ultraklein und -leicht, lassen sie sich in mobilen Geräten verwenden – und dies eröffnet eine Fülle effizienter Anwendungen. Dazu zählen die Kreislaufwirtschaft, Branddetektion, Futtermittelqualitätssicherung sowie der Fitness- und der Gesundheitsbereich.