Ich bin Eugen Fitzner, 50 Jahre alt und seit acht Jahren Betriebsratsvorsitzender beim Feinchemikalien-Hersteller Raschig in Ludwigshafen. Wir haben 250 Mitarbeiter und stellen diverse Stoffe her, zum Beispiel Schutz für Gummi- und Latexanwendungen, etwa für Turnschuhsohlen. Oder Zwischenprodukte für Pharmazeutika und Bitumenemulsionen für Asphaltschichten. Und natürlich die bekannten Raschig-Ringe, die in umwelttechnischen Anlagen stecken. Im Unternehmen bin ich bereits 28 Jahre, hier habe ich als Anlagenfahrer begonnen. Später habe ich mich zum Industriemeister Chemie weitergebildet und bis 2010 als Meister im Schichtbetrieb geschafft.
Die Wahl
Für das Amt des Betriebsratsvorsitzenden muss man alle vier Jahre gewählt werden. Dieses Jahr ist es wieder so weit, bei uns läuft die Wahl wegen des Schichtbetriebs über vier Tage. Jeder Mitarbeiter kann sich als Kandidat aufstellen lassen, und wir freuen uns über jeden, der sich hier einbringt. Das von den Mitarbeitern gewählte Gremium, bei Raschig sind es neun Personen, wählt dann den Vorsitzenden. Dieses Amt habe ich seit 2010 inne und bin damit der Repräsentant des Gremiums, aber auch nicht mehr.
Die Aufgaben
Ich vertrete die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber und bin für sie da. Das ist meine Kernaufgabe. Ich überwache die Einhaltung geltender Gesetze, muss die Verordnungen und die Unfallverhütungsvorschriften kennen sowie Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Um das zu schaffen, gehe ich regelmäßig zu Seminaren und bilde mich fort. Das Betriebsverfassungsgesetz ist längst zu meiner Bibel geworden. Dreh- und Angelpunkt meiner Arbeit sind unsere Betriebsratssitzungen, zu denen ich einlade. Dazu kommen die Betriebsversammlungen. Ich organisiere aber auch unsere Betriebsfeste. Und immer nehme ich Anregungen der Mitarbeiter entgegen und gebe Auskunft über den Stand der Dinge.
Die Diplomatie
Ich gebe Informationen des Arbeitgebers an den Betriebsrat und umgekehrt. Das tue ich sehr zielorientiert. Bei Konflikten höre ich mir den Standpunkt aller Beteiligten an – wie ein Diplomat. Im Gremium versuchen wir dann, die Probleme durch intensive Gespräche aus der Welt zu schaffen – was meistens gelingt. Hier nehme ich oft die Rolle des Moderators ein. Wenn es mal zu heiß hergeht, greife ich zur Glocke und klingele kurz. Dann kehrt Ruhe ein und wir sprechen sachlich weiter.
Die Freistellung
Für das Amt bin ich von meiner Arbeit freigestellt. Meine Kollegen vom Betriebsrat aber nicht, sie machen das ehrenamtlich und teils in der Freizeit. Wie viele Betriebsräte freigestellt werden, hängt von der Firmengröße ab. Mein Arbeitstag beginnt um 7 Uhr, dann befüllen meine Kollegen und ich unsere Verpflegungsautomaten mit Getränken und Speisen. Das machen wir ehrenamtlich zum Wohl der Belegschaft.
Das Vertrauen
Ohne Vertrauen geht es nicht. Da ich schon so lange im Werk bin, kenne ich alle Mitarbeiter persönlich, und sie kennen mich, das ist eine gute Basis. Wir hatten schwere Zeiten, zum Glück geht es nun bergauf. Oft gehe ich durchs Werk, und die Kollegen sprechen mich direkt an, wenn sie etwas auf dem Herzen haben oder etwas wissen möchten. Manchmal kommen aber auch die Meister oder die Geschäftsführung mit einem Anliegen direkt auf mich zu. Sie alle können auf meine absolute Verschwiegenheit zählen.
Die Zusatzämter
Aufgrund einer Weiterbildung arbeite ich auch als Fachkraft für Sicherheit. Das umfasst alle Aspekte vom Brandschutz bis zur Sicherheitskleidung. Gefreut hat mich, dass ich neue Winterjacken für alle durchsetzen konnte. Und im Bewertungsausschuss für Verbesserungsvorschläge, dem ich vorsitze, berechnen wir etwa die Höhe der Prämien für diese Vorschläge anhand ihrer Wirtschaftlichkeit. Letztes Jahr gab es für eine richtig gute Idee 7 500 Euro!
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