Sie haben den allergrößten Teil ihrer etwas mehr als 18 Lebensjahre gemeinsam verbracht, haben denselben Freundeskreis, spielen gemeinsam Fußball, teilen sich ein Auto. Eigentlich ist es keine große Überraschung, dass Edmond und Ednor Beluli nun auch den gleichen Job machen. Aber erstaunlich ist es trotzdem, wie gut die zweieiigen Zwillinge nicht nur im Privatleben harmonieren, sondern auch als Produktionsfachkräfte (PFK) Chemie beim Lacke- und Farbenspezialisten Südwest in Böhl-Iggelheim.
„Wir machen vieles zusammen, wir haben dieselben Interessen, also haben wir uns auch gleichzeitig beworben“, sagt Edmond, der eine halbe Stunde älter sowie ein paar Zentimeter größer ist und auch häufiger das Wort ergreift als sein Zwilling. In der Fußballmannschaft spielt Edmond vorn, sein Bruder hinten. „Ich bin der Chilligere“, erklärt Ednor das grinsend. Die Belulis kommen aus Ludwigshafen-Oppau, wohin die albanischen Großeltern einst eingewandert waren. Der Vater arbeitet als Schichtleiter in der BASF-Logistik, die Mutter für eine Online-Apotheke, zwei Onkel bei Evonik in Dossenheim. Gute Familientradition also, dass die Beluli-Brüder etwas mit Chemie machen.
Produktionsfachkraft Chemie: "Abwechslung und anpacken“
„In der Schule hatten wir gute Noten in Mathe und Chemie, bessere als in Deutsch und Englisch“, erzählt Edmond. Ednor ergänzt: „Die Experimente haben uns gefallen, die Reaktionen, was am Ende rauskommt.“ Nach dem Realschulabschluss haben sie einfach kalkuliert, erinnert sich Edmond: „Wir wollten auf keinen Fall ins Büro. Wir wollten keine Zwölf-Stunden-Schichten schieben. Wir wollten etwas Abwechslungsreiches, wollten anpacken. Schnell Geld verdienen. Und die Chemie bietet viele Vorteile.“ Also schrieben sie Bewerbungen für Chemikanten- und PFK-Ausbildungen.
Am schnellsten griff Südwest zu. Die Brüder saßen gemeinsam im Vorstellungsgespräch, und weil sie so überzeugten, schuf das Unternehmen einen zweiten PFK-Ausbildungsplatz. „Die beiden haben von Beginn an den Eindruck gemacht, dass sie gut in das Team Südwest passen“, sagt Christoph Müller, stellvertretender Leiter der Produktion. „Auch ihre schulischen Leistungen waren sehr gut für das Profil geeignet.“ Während der zweijährigen Ausbildung, die sie im August 2021 abgeschlossen haben, wurden die beiden zeitweise getrennt. Ednor lernte in der Gruppe, die die lösemittelhaltigen Ansätze produziert, Edmond bei den wasserlöslichen.
Nach ihrer Übernahme war das Paar wieder intakt: In einem Team von sechs Leuten arbeiten sie nun als eine der drei Zweiergruppen. Und ergänzen sich nicht nur fachlich, sondern vor allem durch das fast blinde Verständnis. Eine Geste oder ein Gesichtsausdruck, und der andere weiß, was zu tun ist oder wo etwas schiefläuft. Beim Zusammenstellen der Rohstoffe und Additive, bei der Befüllung und Bedienung der Rührer und Dissolver, beim Probenziehen. „Ich weiß, was er kann, er weiß, was ich kann“, sagt Edmond. „Und es macht mehr Spaß bei der Arbeit, wenn du den anderen besser kennst. Wir wissen, wie wir miteinander reden können.“ Das heißt natürlich nicht, dass es mit anderen Kollegen schlechter läuft. Aber eben anders. „Einiges geht natürlich Hand in Hand, wenn man eine so besondere Beziehung zueinander hat“, hat auch Christoph Müller beobachtet. „Die beiden sind sehr zuverlässig und immer darauf bedacht, ein Auge auf den anderen zu haben.“
PFK Chemie: Weiterbildung zum Techniker möglich
Was nicht heißt, dass die Brüder quasi automatisch ihr gesamtes Berufsleben gemeinsam verbringen werden. Südwest legt Wert auf Weiterbildung, ob im betrieblichen Alltag oder formal. Das kann zu unterschiedlichen Karrieren führen. Ednor hat schon mal in der Abfüllerei mitgearbeitet, wo Maschinen- und Anlagenführer tätig sind, und kann sich eine Qualifikation zum Techniker vorstellen. „Es dient auch ihrer persönlichen Entwicklung, dass man im Berufsleben mal getrennte Aufgaben wahrnimmt“, sagt Müller. „Die Firma bleibt ja dieselbe, und der andere ist nie weit weg.“
Vorerst jedenfalls bleibt das dynamische Duo erhalten. Eine Belastungsprobe könnte privat drohen: Noch wohnen die Brüder bei den Eltern. Auf die Frage, ob sie sich gemeinsam eine Wohnung suchen wollen, schweigen sie lange und schauen einander fragend an. Irgendwann ist eine Trennung vielleicht sinnvoll. Spätestens, wenn eine Freundin ins Leben tritt.