Sie ist Ingenieurin, 28 Jahre alt und hat während ihres Traineeprogramms bei BASF nicht nur die Bereiche Engineering und Montage in Ludwigshafen durchlaufen. Sie hat auch am Standort im malaysischen Kuantan an den Themen Technologie und Prozessoptimierung gearbeitet. Nun ist sie als betriebliche Projektmanagerin zurück am Rhein. Und doch hat Anna Lena Specht für ihr Berufsleben einen offenen Wunsch: „Wenn ich sage, ich bin Ingenieurin in der Chemieindustrie, arbeite in einer Produktionsanlage, wirklich mit Helm und Blaumann – dann kommen immer noch erstaunte Reaktionen und Fragen, wie das denn so sei als Frau im Männerberuf. Ich würde total gerne erleben, dass solche Fragen nicht mehr gestellt werden. Weil es eben kein Männerberuf ist.“
„Wir wollen Frauen sehr sichtbar machen“
Als Leiterin des Netzwerks „Frauen im Ingenieurberuf“ des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) Nordbaden-Pfalz investiert sie viel Zeit und Ideen für diesen Wunsch. „BASF ist ein sehr netzwerkgetriebenes Unternehmen. Hier habe ich festgestellt, dass mir das Netzwerken an sich sehr, sehr viel Freude bereitet.“ Auch die Idee, sich zu engagieren, ist beim Netzwerken entstanden: „Im Austausch mit Kolleginnen habe ich gemerkt, wie sinnvoll es ist, sich für mehr Frauen in technischen Berufen zu engagieren. Denn es gibt keinen Grund dafür, warum es nur so wenige sind.“
Das Ziel ist klar, auch über den Weg sind sich die Ingenieurin und ihr Netzwerk einig: „Wir wollen Frauen sehr sichtbar machen.“ Zum Beispiel, indem Specht Schülerinnen und Schülern an Messeständen etwas zu ihrem Beruf erzählt oder ihnen ihren Arbeitsplatz zeigt, wann immer sie es einrichten kann. Und auch wenn BASF für die Förderung der Frauen, die schon da sind, bereits sehr viel tue: „Frauen, die gut sind in ihrem Job, müssen gefördert und entwickelt werden. Dafür ist wichtig, dass sie auch gesehen werden“, sagt Specht.
Interesse am MINT-Netzwerk ist groß
Wenn die studierte Verfahrenstechnikerin über ihren Beitrag dazu spricht, klingt das eher nach Hobby als nach zeitintensivem Ehrenamt. „Ich bin kontaktfreudig und neugierig. Mir gelingt es auch immer ganz gut, Menschen miteinander in Verbindung zu bringen“, sagt sie lächelnd. Das und ihr Organisationstalent helfen schon im Berufsalltag, in dem sie an der Schnittstelle zwischen Produktion und Projekten immer wieder mit interdisziplinären und diversen Teams zusammenarbeitet. Genauso hilfreich sind ihre Talente für die Initiativen, Veranstaltungen und Konzepte für das Netzwerk. Specht findet sogar noch Zeit für einige der vielen BASF-Angebote, unter anderem „Women in Tech“.
Als sie Anfang 2021 die Leitung des VDI-Netzwerks übernahm, lag ein Stück Pionierarbeit vor ihr. „Das Netzwerk war eine ganze Weile inaktiv. Es ging also darum, das Ganze wieder neu ins Leben zu rufen: Wer ist interessiert, wer möchte mitmachen, wie richten wir uns aus? Wir sind da immer offen für jede, die gestalten möchte.“ Erfolgserlebnisse gab es schon in dieser Aufbauphase: „Ich bin sehr begeistert, wie viel Interesse es von Anfang an gab. Kurz nach der Wiederbelebung des Netzwerks schrieb mir eine Interessierte, sie fände das so schön, dass sie überlegt, sich wieder beim VDI anzumelden“, erinnert sich Specht und lacht. Heute sind Studentinnen, Professorinnen, Frauen mit viel und wenig Berufserfahrung und aus verschiedenen Sparten dabei.
Beste Voraussetzungen, für 2022 Veranstaltungen und Vorträge zu planen. Auch hier hilft das Netzwerken: „Von den anderen regionalen Frauennetzwerken im VDI bekomme ich nicht nur Impulse, sondern zum Beispiel auch mal eine Einladung aus Stuttgart zu einer Online-Podiumsdiskussion, die ich in meinem Netzwerk publik machen kann. Oder ich plane mit dem Rheingau-Netzwerk eine gemeinsame Veranstaltung.“
Kritische Masse: 30 Prozent Frauen in MINT
Netzwerken wird Specht sicher ihr Berufsleben lang. Wenn die nach ihren Worten „kritische Masse von 30 Prozent“ Frauen in technischen Berufen erreicht ist, dürfte das auch an den vielen Stunden, Ideen und Gesprächen liegen, die sie nach Feierabend und zwischendurch investiert hat. „Dann ist es deutlich normaler, dass Frauen in technischen Berufen arbeiten – als Chemikantinnen, Technikerinnen oder Ingenieurinnen.“ Die Frage an sie, wie es denn als Frau im Männerberuf ist, wäre dann endlich Geschichte.
Wie gehen Chemieunternehmen die Förderung von Frauen in Führungspositionen an? In unserem Podcast Wir. Hear. spricht Mentorin Stefanie Hauck darüber, wie AbbVie weibliche Talente fördert und was ihr bei ihrer Karriere geholfen hat.