Den „Hybrid“ in seiner Mannschaft nennt sich Andreas Mägerlein. Im Creation Center der BASF in Ludwigshafen arbeiten elf Designer, Ingenieure und Chemiker. Plus der 47-jährige Mägerlein, Diplom-Ingenieur-Designer und Chef des Centers. Neben diesen hybriden Qualifikationen hat er sogar noch eine dritte: Er ist ein sehr angenehmer Gastgeber.
Das will er auch sein. Schließlich ist das Creation Center viel mehr als ein Showroom des BASF-Kunststoffbereichs Performance Materials. In dem Kubus, den das Unternehmen auf einen denkmalgeschützten Hochbunker nahe Tor 2 gebaut hat, sitzt sozusagen der Kreativvertrieb: Hierher kommen potenzielle oder bestehende Kunden auf der Suche nach Inspiration und Input, wie und aus welchem Material sie eine Idee umsetzen können. „Das Creation Center ist mehr als ein Gebäude – es ist ein Konzept. Unser Kernauftrag ist es, Geschäft anzubahnen“, sagt Mägerlein. „Wir erhöhen in einer frühen Phase der Produktentwicklung die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende BASF-Material eingesetzt wird.“
„Wir haben 100 Prozent Kundenorientierung“
Der Ingenieur-Designer führt durch die lichten Büro-, Meeting- und Kollaborationsflächen, vorbei an der Produktbibliothek von Performance Materials: In transparenten Kunststoffboxen lagern mehrere Hundert Artikel vom EC-Karten-Clip bis zur Schuhsohle, in einem deckenhohen Regal stehen Designstühle aus BASF-Kunststoffen. So geduldig wie verständlich schildert Mägerlein die Idee hinter dem Neubau, der Anfang 2020 eröffnet wurde. Ab und zu blitzt Stolz durch sein schwäbisches Understatement: „Wir haben hier 100 Prozent Kundenorientierung.“ Das Team berät Unternehmen und freie Designbüros, manchmal auch geniale Tüftler aus der Region: „Es geht darum, ob ein Kunde Kunststoff nutzen kann – oder doch Holz“, sagt Mägerlein. „Ich sage den Kunden aber auch: Das ergibt keinen Sinn. Wir hängen wirtschaftlich nicht davon ab, jedes Projekt umzusetzen.“
Kommt man bei einer Idee nicht weiter, entdeckt der Kunde im Creation Center vielleicht Anregungen für eine zweite. Und wird jedenfalls das Wissen über die Bandbreite der Performance Materials von BASF mitnehmen. In normalen Zeiten fassen Besucher dazu die Produktbeispiele an und prüfen ihre Eigenschaften. Große Displays zeigen nach dem Scannen eines Barcodes den digitalen Zwilling der haptischen Produkte mit detaillierten Informationen, Kunden sammeln und sortieren die Materialdaten und lassen ihre Ideen per Kollaborationssoftware reifen. Modernste Simulations- und Visualisierungsprogramme unterstützen sie dabei.
Das Wilde und das Funktionierende
„Wir decken den Entwicklungsprozess von der Suchphase bis zum Prototyp ab“, erklärt Mägerlein. „Also von der ersten Inspiration bis zur Lösung. An einem Ort.“ Mit der Produktbibliothek und dem Scouting nach Designtrends inspiriert das Creation Center, Prototypen entstehen am Computer, manche werden auf einem 3-D-Drucker real. Überzeugt der Prototyp, sind Anwendungstechnik, Labore und Bauteilprüfung an der Reihe.
Seinen Kundengruppen vom Möbeldesigner bis zum Maschinenbauer gegenüber versteht sich das Creation Center strikt als Kreativdienstleister. „Wir machen kein Design. Das bringt der Kunde mit oder entwickelt es nach seinem Besuch“, sagt Mägerlein. „Uns geht es darum: Wie kriege ich eine gute Idee mit unserem Material in Serie? Dafür muss man beides im Blick haben: das kreativ Wilde und das technisch Funktionierende. Ich fühle mich sehr wohl damit, dass ich beides kann.“ Ein Vitra-Stuhl samt neuem Werkstoff ist aus so einem Kreativprozess hervorgegangen, beim Wohnmobilbauer Hymer entstand ein gemeinsames Konzeptfahrzeug mit innovativen Werkstoffen und frischem Design. Nicht jedes Objekt aber ist so sichtbar: Mägerlein greift einen Notausschalter aus einem der Kunststoffkörbe und spricht über Oberflächen, Farben, Prägung und Gummierung. „Man kann an jedem Produkt Spaß haben. Und es geht mir total um meinen persönlichen Spaß.“
Dann zitiert er seinen Designprofessor: „Design in need is design indeed“, etwa: Wahres Design ist nur solches, das ein Problem löst. „Vom Grundgedanken ist der Designer ein Weltverbesserer. Es geht ihm darum, die Dinge, die nicht richtig laufen, zu verbessern.“ Da gebe es große Schnittmengen zwischen Designern und Ingenieuren. In seiner Hybrid-Person finden diese Schnittmengen zusammen.