Eine fruchtbare Verbindung von KI und Chemie
Der US-Biochemiker David Baker schuf die Grundlagen für das erfolgreiche Zusammenspiel von Künstlicher Intelligenz und der Vorhersage von Proteinstrukturen: Proteine, die Bausteine des Lebens, bestehen aus 20 verschiedenen Aminosäuren. Baker designte 2003 mit Hilfe eigener computerbasierte Methoden neue Proteine. Diese können beispielsweise für Arzneimittel oder Impfstoffe genutzt werden.
KI sei Dank lassen sich die Eigenschaften von Proteinen vorhersagen. Dies gelang unter anderem dem Londoner Unternehmen Google-DeepMind mit dem KI-Modell AlphaFold. Hier arbeiten die Nobelpreisträger Demis Hassabis und John Jumper. Der britische KI-Forscher und Neurowissenschaftler Hassabis hatte DeepMind Technologies gegründet. Wichtige neue Impulse zur Verbesserung der Proteinstruktur-Vorhersagequalität lieferte der US-Mathematiker, -Physiker und Chemiker John Jumper, der 2017 zu Google-DeepMind stieß.
Die aktuellen Version von AlphaFold kann die Struktur von mehr als 200 Millionen Proteinen vorhersagen. Forschungsteams aus 190 Ländern nutzen diese Möglichkeiten bereits. AlphaFold2 kommt in vielen Bereichen zum Einsatz, darunter Pharmaforschung und Umwelttechnologie.
Das Modell der dritten Generation liefert darüber hinaus Erkenntnisse dazu, wie Proteine miteinander interagieren. Dies spielt zum Beispiel bei der Suche nach Medikamenten mit geringeren Nebenwirkungen eine große Rolle. Auch in der Materialforschung, etwa zur Entwicklung recyclingfähiger Stoffe, ist dies wichtig.
Computergestütztes Proteindesign
Johan Åqvist, Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften, Mitglied des Nobelkomitees für Chemie, erklärte bei der Nobelpreis-Zeremonie, warum David Bakers Arbeiten einen Durchbruch bedeuten: David Baker „konnte neue Strukturen entwerfen, die in der Natur noch nie gesehen worden waren, und berechnen, welche Sequenzen diese Strukturen ergeben würden. Anschließend konnte er experimentell überprüfen, ob die rechnerischen Vorhersagen korrekt waren. Dies ist das, was wir heute als computergestütztes Proteindesign bezeichnen.“
Zu den Anwendungen zählen Virusinhibitoren, Nanomaterialien, Proteinschalter und Sensoren.
Die KI-Revolution in der strukturellen Biochemie
Åqvist würdigte die Entwicklungen von Demis Hassabis und John Jumper als „ein geniales Stück neuronaler Netzwerktechnik, das eine unübertroffene Leistung bei der Vorhersage von Proteinstrukturen zeigte. Unter Verwendung der riesigen Mengen an experimentellen Daten, die in Sequenz- und Strukturdatenbanken gespeichert sind, wird das Netz darauf trainiert, Korrelationen und Muster zwischen Aminosäuresequenzen zu entdecken. Dadurch kann es direkt aus den Sequenzen erstaunlich genaue Strukturmodelle erstellen.“
AlphaFold habe „eine Revolution in der strukturellen Biochemie“ ausgelöst.
Eine neue Welt von Design-Proteinen
David Baker bedankte sich im Namen seiner Londoner Kollegen und betonte, wie wichtig die professionelle Zusammenarbeit in Proteinforschung, -design und KI ist.
Er verwies auf deren großen Nutzen: „Die wundersame Vielfalt in der Natur bietet Inspiration für eine ganz neue Welt von Design-Proteinen, die Krankheiten heilen, Kunststoffe und andere Schadstoffe abbauen und uns bei der Anpassung an den Klimawandel helfen können. Ich bin sicher, dass die Fortschritte, die mit dem diesjährigen Chemiepreis ausgezeichnet werden, die Welt zu einem besseren Ort machen werden.“