Arbeiten in der Chemie

Boehringer: So arbeitet ein Corona-Forscher

· Lesezeit 4 Minuten.
Oliver Hucke, Computerchemiker bei Boehringer Ingelheim
Corona-Forscher: Oliver Hucke von Boehringer Ingelheim. Foto: Boehringer Ingelheim

Mein Name ist Oliver Hucke. Ich bin 52 Jahre alt und arbeite bei Boehringer Ingelheim (BI) als Principal Scientist in der Forschung. Genauer: der Computerchemie, die Teil der medizinischen Chemie ist. Das Unternehmen forscht hier in verschiedenen Bereichen an Corona-Wirkstoffen. Ich beschäftige mich vor allem mit der Suche nach chemischen Substanzen, die als Wirkstoffe gegen das neue Virus oder mögliche künftige Varianten zum Einsatz kommen könnten. Neben diesen Aktivitäten ist die Antikörperforschung für Sars-CoV-2 ein wichtiges Arbeitsgebiet bei uns in der Forschung. 

Virologische Erfahrung

Ich bin seit 2013 am BI-Hauptforschungsstandort in Biberach tätig. Ich habe in Freiburg Chemie studiert und in biophysikalischer Chemie promoviert. Anschließend habe ich Erfahrungen im Bereich Infektionskrankheiten bei einem Projekt der Weltgesundheitsorganisation zu tropischen Erkrankungen wie Malaria in Seattle gesammelt. Schließlich bin ich zu BI gekommen, allerdings nicht direkt nach Biberach: Zunächst habe ich mich acht Jahre lang in Montreal in der virologischen Forschung mit Hepatitis C und HIV beschäftigt. Vor gut sieben Jahren kam ich zurück nach Deutschland. Wegen meiner Erfahrung in der Virologie bin ich nun zum Corona-Team gestoßen.

Schnellstart

Bei uns begann die Corona-Forschung im Februar 2020 sehr schnell und intensiv. Alle rund 15 Mitarbeiter unserer Computerchemie-Arbeitsgruppe haben sich sofort an die Arbeit gemacht. Wir haben den Firmenpool aus über einer Million Substanzen computerbasiert nach solchen durchsucht, die im Kampf gegen das Virus helfen könnten. Erfahrene Medizinalchemiker haben wichtige Hinweise auf vielversprechende Substanzklassen beigetragen. So konnten wir rund 2.000 Substanzen für die Testung identifizieren.

Mitarbeiter von Boehringer Ingelheim
Schnellstart der Corona-Forschung. Foto: Boehringer Ingelheim

Potenzielle Therapie

Mit seiner Forschung an potenziellen Corona-Therapien ist BI seit Oktober 2020 einen Schritt weiter: Ein Inhibitor des Ionenkanals TRPC6 ist in die klinische Phase-2-Studie gegangen. Man hat beobachtet, dass dieser Ionenkanal bei Covid-19 so aktiviert wird, dass dies zu Schädigungen des Lungengewebes beitragen kann. Solche Schäden können zu akuter Atemnot führen, die tödlich sein kann. Durch die Hemmung des Kanals wollen wir der Schädigung des Lungengewebes entgegenwirken.

Forschung für die Zukunft

Gefundene Substanzen schnell zu einem Medikament zu entwickeln, ist eine große Herausforderung. Einige unserer Ergebnisse werden also womöglich im Kampf gegen die aktuelle Pandemie gar nicht mehr zum Einsatz kommen. Trotzdem ist diese Arbeit natürlich nicht umsonst: Nach Sars-CoV in den Jahren 2002/2003 und Mers-CoV (entdeckt 2012) ist dies die dritte von Corona-Viren in jüngerer Zeit ausgelöste Krankheitswelle. Es ist also sehr wichtig, sich auch für künftige Pandemien zu wappnen.

Oliver Hucke, Computerchemiker bei Boehringer Ingelheim
Oliver Hucke erforscht potenzielle Corona-Therapien. Foto: Boehringer Ingelheim

Modell-Bastler

Ich erstelle am Computer Modelle für Vorhersagen über die Eigenschaften von Substanzen: Wie löslich sind sie? Wie gut werden sie absorbiert? Wir modellieren, wie wir mit kleinen Strukturveränderungen an Molekülen ihre Eigenschaften so verbessern, dass sie zu Wirkstoffen und Medikamenten werden könnten. Dabei nutzen wir sowohl Verfahren, die auf molekularen 3-D-Strukturen beruhen, als auch maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz. Mit den Kollegen, die im Labor mit den Substanzen arbeiten, finden wir so den schnellsten Weg zu den besten Molekülen.

Mitarbeiter von Boehringer Ingelheim
Oliver Hucke mit einem Boehringer-Kollegen. Foto: Boehringer Ingelheim

Internationale Zusammenarbeit

BI ist Teil von globalen Entwicklungsinitiativen wie dem Konsortium CARE. Im Rahmen von CARE kooperieren wir mit 36 Partnern, darunter Unternehmen und akademische Einrichtungen, um neue Wirkstoffe und Medikamente gegen Corona zu finden. Alle bringen ihre Kompetenzen ein. Wir arbeiten etwa eng mit der Universität in Leuven zusammen. Dorthin schicken wir unsere Substanzen zur Testung. In einem voll automatisierten Screening-Set-up wird dann untersucht, ob sie lebende Zellen fünf Tage gegen Angriffe des Virus schützen. Wir haben bereits aktive Substanzen gefunden, die wir jetzt mit CARE weiterverfolgen.

Spannende und abwechslungsreiche Karrieren bei Chemie und Pharma in Rheinland-Pfalz.

  • Like
  • PDF

Das könnte Sie auch interessieren

Außenansicht der Emser Therme

Sie möchten eine Übernachtung im Emser ThermenHotel oder einen Wanderrucksack gewinnen? Dann nehmen Sie an unserem Gewinnspiel teil. Dazu müssen Sie nur folgende Fragen richtig beantworten:
1. Wie viele Auszubildende gibt es in der Chemieindustrie in Deutschland?2. Wer entscheidet, ob neue Elemente zum Periodensystem hinzugefügt werden? 3. Wie heißt der Generationentalk von Wir.Hier.? 
1. Preis
Eine Übernachtung für zwei Personen im Emser ThermenHotel. 
2.-4. Preis 
Einen leichten und ergonomisch geformten Wanderrucksack von Deuter. 
So können Sie teilnehmen: 
Schicken Sie uns die Antworten auf die drei Fragen, Ihre Anschrift sowie den Namen Ihres Arbeitgebers per E-Mail an: redaktion@wir-hier.de
Teilnahmeberechtigt sind alle Mitarbeiter der Chemieunternehmen in Rheinland-Pfalz. Eine Teilnahme über Gewinnspielclubs oder sonstige gewerbliche Dienstleister ist ausgeschlossen. Die Gewinner werden unter allen richtigen Einsendungen ausgelost.
Einsendeschluss ist der 17. Oktober 2024.

Acht Mitarbeiter von Michelin stehen mit ihren Managern in einer Halle. Foto: Michelin

Aufgrund der geplanten Werkschließung in Trier bietet Michelin seinen Mitarbeitern eine berufliche Qualifikation bei der IHK. Die ersten Absolventen haben die Prüfung zum Maschinen- und Anlagenführer erfolgreich abgeschlossen. Nun sollen im Winter die nächsten Mitarbeiter zur Prüfung antreten.

Newsletter