Neue Energien nutzen – das klingt so einfach. Dahinter stecken jedoch harte Arbeit, viel Geld und Idealismus. All das stecken die Chemieunternehmen in Rheinland-Pfalz in die Nachhaltigkeit und treiben sie mit verschiedenen Projekten und Produkten voran.
Einer, der das zu schätzen weiß, ist Felix Herberg: Er leitet das Marktsegment „Brennstoffzelle“ bei Freudenberg Filtration Technologies, einer Geschäftsgruppe des globalen Technologieunternehmens Freudenberg. Hier berät der Hambacher mit seinem Team Kunden in der ganzen Welt.
Bereits seit Mitte der 90er Jahre verfolgt Freudenberg alternative Antriebskonzepte: „Nicht nur eine einzelne Technologie wird den Verbrennungsmotor ablösen“, fasst Herberg die Position des Mischkonzerns zusammen. „Wir erwarten ein Nebeneinander unterschiedlicher Konzepte.“ Die Brennstoffzelle ist eines davon: Bis 2050 könnten weltweit mehr als 100 Millionen wasserstoffbetriebene Fahrzeuge emissionsfrei auf den Straßen fahren. „Diese Fahrzeuge sind dank ihrer großen Reichweiten besonders für lange Strecken geeignet, Elektroautos eher für kürzere. Das wäre ein nachhaltiger Mobilitätsmix.“
Bis 2050 weltweit über 100 Millionen Wasserstoffautos
Schon heute liefert Freudenberg wichtige Komponenten für die Brennstoffzelle in Serie. Dazu zählt etwa die Gasdiffusionslage, ein Vliesstoff auf Grafitbasis. Diese Schlüsselkomponente ist für die Versorgung und Verteilung der Reaktionsgase notwendig und steckt bereits in verschiedenen Fahrzeugen, Heizungssystemen, Staplern und Containerfahrzeugen. Man hat aber auch Busse, Lkws und Pkws im Visier. Herberg: „Jede Geschäftsgruppe besitzt große Expertise, wir tauschen uns permanent aus.“
Dazu kommen besonders dünne Dichtungen für Brennstoffzellen, spezielle Filter sowie Luftbefeuchter, deren Basismaterial das Werk in Kaiserslautern liefert. Letztere fallen direkt in den Bereich des Managers: „Ohne Filter läuft in der Brennstoffzelle nichts“, so der 50-Jährige. Denn man muss sie und den darin enthaltenen Katalysator nicht nur vor kleinsten Feststoffen und Gasen in der zugeführten Luft schützen: „Je nach Einsatzgebiet können auch Umgebungsbedingungen der Zelle schaden. Etwa eine salzige Brise in Küstennähe oder alkoholhaltige Luft in der Weinproduktion.“
Wo ließen sich Brennstoffzellen noch einsetzen? „Meine absolute Lieblingsfrage“, sagt der Chemieingenieur. Da wäre der große Markt der Züge: „Denn viele Schienen sind nicht elektrifiziert, nicht nur hier in Deutschland, sondern auch in Ländern wie Indien.“ 2019 fuhr bereits ein erster Wasserstoffzug von Ludwigshafen nach Mannheim. „Dann wären da Schiffe, auch Kreuzfahrtschiffe. Und natürlich Flugzeuge.“ Und noch einen Bereich hat er im Blick: die Energiegewinnung zu Hause, also Wärme und Strom. „Es gibt bereits Kraft-Wärme-Anlagen, die eine Brennstoffzelle antreiben."
Noch wartet man bei Freudenberg darauf, dass sich die Brennstoffzelle als alternativer Antrieb weiter durchsetzt. Erste Projekte wie die Zusammenarbeit mit dem größten europäischen Reisebusunternehmen Flixbus und der Papenburger Meyer Werft für die Schifffahrt lassen hoffen. „Man braucht eben einen langen Atem“, weiß Herberg, der in seiner Freizeit den Bass in einem Chor singt. „Das zahlt sich am Ende aus.“
Die Brennstoffzelle
Die Apparatur besteht aus zwei Elektroden (Minuspol Katode; Pluspol Anode), die durch eine Membran oder einen Elektrolyten (Ionenleiter) getrennt sind. Auf der einen Seite wird Wasserstoff, auf der anderen Sauerstoff geleitet. Trifft der Wasserstoff auf den Minuspol, wird er in Elektronen und Protonen gespalten. Die positiv geladenen Teilchen wandern durch die Membran zum Pluspol. Die Elektronen können nicht folgen und müssen einen Umweg nehmen – über einen elektrischen Leiter. Hier fließt jetzt der Strom, der etwa ein Auto antreibt. Am Pluspol treffen Protonen, Elektronen und Sauerstoff zusammen und reagieren zu Wasser.