„Top Innovator des deutschen Mittelstandes 2017“, „Innovationspreis Rheinland-Pfalz“, „Success 2017“: Werner Zimmermann hat eine schöne Trophäensammlung. Der Chef des Familienunternehmens Rhenocoll aus Konken hat im Lauf der Jahre eine Reihe innovativer Produkte auf den Markt gebracht: die ersten Beschichtungen für Kunststoff und Glas auf Wasserbasis, Klebstoffe mit Fäulnisschutz, Beschichtungen mit Nanotechnologie und andere. Die neueste Entwicklung des Farbenherstellers, „Geneseptoy“, toppe jedoch die vorherigen: „ Wir haben eigene Grundrohstoffe entwickelt, weil wir ein biozidfreies Produkt haben wollten“, sagt Zimmermann. Also etwas grundsätzlich Neues, nie Dagewesenes.
Herausgekommen ist ein Ersatz für Biozide auf Basis natürlicher Mineralien. „Das Prinzip haben wir der Natur abgeschaut: Es gibt Flächen, auf denen nichts wächst“, erklärt Zimmermann. Die Mineralien, „ganz gebräuchliche wie beispielsweise Calciumcarbonat, aber in einem bestimmten Verfahren aufgeschlossen und in einem bestimmten Verhältnis gemischt“, halten Bakterien, Schimmel und Pilze davon ab, Zuckerbausteine aus dem Material darunter herauszulösen. Die Mineralmischung wird als Suspension in die Rezeptur von Farben eingearbeitet. Als natürliche Barriere tötet sie Mikroorganismen nicht ab, sondern entzieht ihnen die Nahrung. Auf diese Weltneuheit hält Rhenocoll das Patent.
Farben ohne Gift und Geruch
„GesundFarbe“ nennt Rhenocoll seine neuen Wandfarben für den Innenbereich mit dem Geneseptoy-Mix, weil sie ungiftig sind, nicht riechen und nichts als Wasser ausdünsten. „Neulich haben wir eine Kita im laufenden Betrieb gestrichen“, erzählt Zimmermann: „Die Kinder mussten nur kurz raus, damit die Farbe trocknen kann.“ Kitas, Schulen und Vereine aus der Gegend können sich bei ihm um einen neuen Anstrich bewerben: So will Rhenocoll die GesundFarbe bekannt machen. Außer Wände und Fassaden schützt die Geneseptoy-Mischung auch in Grundierungen, Holzlacken und Lasuren vor Befall.
Mit der GesundFarbe stößt das Unternehmen in einen neuen Markt vor: den des Malerhandwerks. Bisher war die Firma aus Konken ein reiner Industrielieferant. Weil ein Großteil der Produktion in den Export geht, sei das Geschäft stark von politischen Entscheidungen abhängig. „Durch das Russland-Embargo sind uns über Nacht einige große Aufträge weggefallen. Deshalb suchten wir eine zusätzliche Absatzmöglichkeit.“ Ein weiterer Grund: die EU-Biozidverordnung, die den Einsatz der giftigen Schutzmittel einschränken will. Der Gesetzgeber zwingt die Betriebe ebenfalls dazu, die Biozide zu registrieren und zertifizieren: „Deshalb suchten wir nach einem Ersatzsystem, das wir in einer breiten Produktpalette verwenden können.“ Und das auch Mehrwert für den Kunden schafft, sich von den Wettbewerbern abhebt und der Umwelt nicht schadet.
50 Mitarbeiter arbeiten hier im Werk, Labor, Kundenzentrum und Verwaltung. Jeder siebte von ihnen ist mit Forschung und Entwicklung beschäftigt. Darin investiert das Unternehmen einen hohen Anteil des Umsatzes. „Weil wir weltweit tätig sind, berücksichtigen wir bei der Produktentwicklung auch die verschiedenen Klimazonen, zum Beispiel durch verstärkten UV-Schutz“, sagt Chemietechniker Albert Triem.
Mittelständler macht aus der Not eine Tugend
Dabei heißt es oft, kleine und mittlere Unternehmen können sich keine eigene Forschung und Entwicklung leisten. „Betriebe in unserer Situation optimieren meistens bestehende Produkte und Prozesse. Der Nachteil ist, dass die ganze Branche auf die gleichen Rohstoffe zurückgreift“, meint der Firmenchef: „Wir haben vor einigen Jahren angefangen, neben den normalen Laborarbeiten nach neuen Rohstoffen zu suchen, um die teuren Konservierungsmittel ersetzen zu können.“ Aus der Not macht Rhenocoll eine Tugend: auch bei den Fachkräften. Klassische Chemielaboranten seien in der ländlichen Gegend schwer zu finden. Deshalb arbeiten im Entwicklerteam auch Leute aus „chemischen“ Berufen anderer Branchen. „Diese Kenntnisse fließen mit ein. Hätten wir die typische Laborbesetzung, würden wir dazu neigen, das zu tun, was alle tun“, meint Zimmermann.
Und eine Anekdote, wie der Durchbruch in China zustande kam, hat der Firmenchef auch parat: „Einer unserer größten Industriekunden dort hat ein neues Produktionsgebäude gebaut und befürchtete, den Eröffnungstermin nicht halten zu können.“ Der Geruch frisch gestrichener Wände sei keinem Politiker bei der Einweihung zuzumuten. Zimmermann schickte ihm mehrere Eimer GesundFarbe – der Eröffnungstermin war gerettet.
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