Lieferscheine links, Bestellungen rechts: Kisten voller Papier stapeln sich neben dem Schreibtisch von Stefan Leinz. Der junge Industriekaufmann arbeitet bei Jansen in Ahrweiler, einem Hersteller von Maler-Spezialprodukten. Und Leinz arbeitet daran, die Stapel Papier überflüssig zu machen: Der 21-Jährige ist Mitglied des fünfköpfigen Digitalisierungsteams des traditionsreichen Unternehmens. Jansen will Produktion und Verwaltung fit für die Zukunft machen. Zusammen mit dem Firmenchef, dem Produktionsleiter, einem Meister und dem Leiter des technischen Einkaufs überlegt Leinz, welche Betriebsabläufe sich wie automatisieren und vernetzen lassen.
Eine große Ehre und Verantwortung für jemanden, der erst im Sommer die Ausbildung abgeschlossen hat. Aber Leinz fiel schon als Azubi durch sein Interesse für IT- und Produktionsthemen auf. „Das ist die Kombination, die wir brauchen“, sagt Firmenchef Peter Jansen. Und sie passt in die Logik des Familienunternehmens, das konsequent auf Eigengewächse setzt.
„IT braucht man in jedem Beruf“
Industrie 4.0. und alles, was dazugehört, waren erst in den letzten Monaten von Leinz’ Ausbildung ein Thema. Aber der junge Mann beschäftigt sich privat mit Hard- und Software. „Das fing vor ein paar Jahren an, als ich mit meinem Bruder einen PC für unseren Vater zusammengestellt habe“, erzählt er. „Klar gibt es fertig ausgestattete Computer, aber wenn man sich ein bisschen auskennt, bekommt man bessere Leistung für weniger Geld.“ Die Geräte nutzt er zum Spielen und für die Information, hilft aber auch seinem Vater, einem Schornsteinfegermeister, den Bürokram digital zu erledigen.
Da wäre der Informatikerberuf naheliegend gewesen. Doch die Familienbande kamen ins Spiel: Weil Leinz’ Großmutter bei Jansen arbeitete, konnte sie ihm ein Schülerpraktikum organisieren. „Ich habe mich gleich wohlgefühlt und gefreut, als mir eine Lehrstelle angeboten wurde“, sagt Leinz. Sein Fachabi hatte er mit dem Schwerpunkt Wirtschaft und Verwaltung gemacht, also war Industriekaufmann das Richtige. „IT wird aber künftig unumgänglich sein, egal in welchem Beruf“, meint er. Für Leinz hat Jansen eine Stelle als EDV-Sachbearbeiter geschaffen. Er ist im Betrieb überall, wo gerade Bedarf ist. Mal hilft er im Controlling aus, mal aktualisiert er die Software der Mischmaschinen für den Fachhandel.
Und dann sind da noch die Digitalisierungsprojekte. Zunächst sollen Belege auf Papier und die interne Rohrpost verschwinden. „Wenn der Kunde elektronisch bestellt, wollen wir den Auftrag papierlos bearbeiten“, schildert Peter Jansen: „Das ist schneller, schließt Verwechslungen aus und spart Verwaltungstätigkeiten.“
Wertvolles Know-how sichern
Die Produktionssteuerung umzustellen, ist die schwierigere Aufgabe. „Wir haben sehr hohe Fertigungsstandards und kaum Ausschuss. Aber das Wissen darüber haben unsere Leute vor allem im Kopf“, sagt Produktionsleiter Elmar Mehrer. Da einige Mitarbeiter, darunter Mehrer selbst, in den nächsten Jahren in Rente gehen, gilt es, ihr Know-how auf die Maschine zu übertragen. Das Digitalisierungsteam beobachtet, was die Kollegen machen, und redet mit ihnen, um das Wissen zu sichern.
Rund 1 500 Rezepturen etwa für Lacke, Lasuren und Spachtelmassen müssen so ins System eingespeist werden, dass die Arbeitsschritte leicht vorzubereiten und auszuführen sind. Es geht um Vorgaben wie Geschwindigkeit, Temperatur und Reihenfolge der Komponenten, um Kapazitäten bei Maschinen, Behältern und Personal. Man muss festlegen, was bei Störungen zu tun ist, das Prüfprozedere ein- und Rüstzeiten kurz halten.
Danach wird Jansen nicht fertig digitalisiert sein. „Es wird immer wieder neue Maschinen geben, die man konfigurieren muss“, sagt der Firmenchef. Seinem jüngsten Digitalisierer traut er zu, dass er der Daueraufgabe gewachsen ist. Auch Leinz ist zuversichtlich: „Ich werde gut eingearbeitet und bekomme Unterstzützung." Stimmt der Firmenbeirat des Familienunternehmens den Plänen zu, stehen für ihn als nächstes Schulungen in IT und Betriebswirtschaft an.