Joachim Wünn ist Landespatenbeauftragter von BASF für den Wettbewerb Jugend forscht. Wir.Hier. hat ihn bei der Vorstellung der Sieger des Landeswettbewerbs „Jugend forscht“ getroffen. Im Interview spricht er über Diebstahlanlagen für Bienenvölker, die Bedeutung von Jugend forscht für sein Unternehmen und warum engagierte Lehrer für Forschungs-Wettbewerbe unverzichtbar sind.
Jugend forscht: Atmosphäre und Ernsthaftigkeit
Herr Wünn, 52 Jugendliche, Dutzende Projekte – welche Forschungsideen haben Sie besonders begeistert?
Da ist es schwierig, einen Favoriten zu finden. Was natürlich ins Auge sticht, ist das autonom fahrende Segelboot, das draußen vor der Tür steht. Das sieht sehr interessant aus. Ein Jugendlicher hat sich zudem mit dem Diebstahl von Bienenvölkern auseinandergesetzt. Ich selbst bin Imker, insofern bin ich da persönlich auch dran interessiert.
Das heißt: Eine Alarmanlage für das Bienenvolk, das wäre auch eine sinnvolle Erfindung für ihr Zuhause?
Meine Bienen stehen sicher im Garten, da ist das nicht so wichtig. Aber wenn man Bienenvölker auf dem Feld stehen hat, ist das etwas sehr Relevantes. Wenn man das weiterentwickelt, ist es durchaus eine sinnvolle Sache.
Was macht für Sie den Reiz an Jugend forscht aus?
Die Atmosphäre. Die Schüler, die hierherkommen, sind topmotiviert und mit Freude bei der Sache. Aber nicht nur die Teilnehmer, sondern auch die Betreuungslehrer stecken viel Freizeit in die Projekte. Diesen Enthusiasmus zu spüren und gleichzeitig die Ernsthaftigkeit der Teilnehmer und die daraus resultierende hohe Qualität zu erleben, das ist schön.
Sie betreuen Jugend forscht bei der BASF schon seit längerer Zeit. Was hat sich bei Jugend forscht in dieser Zeit verändert?
Der Anteil der Mädchen, die am Wettbewerb teilnehmen, ist deutlich gestiegen. Am Anfang waren es vielleicht zehn Prozent der Teilnehmer, die Mädchen waren. Dieses Jahr sind knapp 40 Prozent der Forscher Mädchen. Zudem wird die Art und Weise der Präsentation mehr und mehr professionalisiert. Der Standard ist, dass jeder seinen eigenen Laptop dabeihat, teilweise bringen die Teams auch eigene Beamer mit und führen kleine Filme vor. Das war früher nicht der Fall, da hatte man einfach ein handgeschriebenes DIN A4-Blatt dabei. Bei den Themen sieht man, dass die Jugendlichen das Thema Digitalisierung, wie uns als Firma, stark beschäftigt.
Wurden Erfindungen der jungen Forscher schon einmal in der BASF weiterentwickelt?
Wir haben immer wieder mal Projekte, wo unsere Mitarbeiter sagen: In die Richtung könnte man auch mal denken. Eins zu eins haben wir Projekte noch nicht übernommen. Aber vor zwei Jahren haben sich Jugendliche mit der Batterieforschung beschäftigt, was auch bei der BASF ein wichtiges Thema ist. Da haben wir dann den Kontakt zu unseren führenden Wissenschaftlern hergestellt, um zu gucken, ob es interessante Anknüpfungspunkte gibt.
Freude am Forschen
Gehen Schüler und Jugendliche anders an Probleme heran als die Forscher bei der BASF?
Allen ist die Freude am Forschen, die Neugier am Entdecken und die hohe Motivation, Antworten auf gesellschaftliche Fragestellungen zu finden, gemein. Die Jugendlichen gehen sicherlich spielerischer an ihre Fragenstellungen heran, während unsere Forscher aber auch die Bedürfnisse unserer Kunden und des Marktes im Blick haben.
Viele Chemieunternehmen stehen vor großen Herausforderungen beim Thema Fachkräfte. Inwiefern können Veranstaltungen wie Jugend forscht dazu beitragen, dieses Problem zu lindern?
Jugend forscht ist bei uns kein Rekrutierungsinstrument. Wir wollen aber erreichen, dass der Spaß an den MINT-Fächern steigt. Ich denke, das gelingt uns mit Jugend forscht und unseren anderen Projekten recht gut. Nichtsdestotrotz hoffen wir auch, dass der eine oder andere sich in diese Richtung weiterentwickelt, eine Ausbildung macht oder ein naturwissenschaftliches Studium beginnt. Wenn ehemalige Teilnehmer von Jugend forscht, später bei BASF arbeiten, ist das natürlich schön.
Wie viele ehemalige jungen Forscher aus dem Wettbewerb sind am Ende bei der BASF gelandet?
Wir haben eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die früher bei Jugend forscht aktiv waren und mittlerweile bei uns arbeiten. Teilweise sind sie heute sogar als Juror aktiv, wie zum Beispiel die rheinlandpfälzische Landessiegerin und Zweitplatzierte im Bundeswettbewerb von 2012 im Bereich Geo- und Raumwissenschaften.
Es heißt oft, Jugendliche und vor allem Mädchen können sich nicht für MINT-Fächer begeistern. Hat das Interesse an diesen Fächern durch Jugend forscht zugenommen?
Sie müssen sich beispielsweise die mathematischen Projekte im Besucherbereich angucken. Viele Mädchen sind dabei, die sich um diese mathematischen Herausforderungen kümmern. Es ist schon so, dass noch mehr Jungs mitmachen. Aber es ist auf jeden Fall besser geworden.
Reicht der eine große Wettbewerb Jugend forscht aus, um das Interesse bei den Jugendlichen zu wecken?
Jugend forscht ist sicherlich der größte und bekannteste Wettbewerb im Bereich MINT. Aber es gibt auch andere Wettbewerbe wie die Chemieolympiade, die Biologieolympiade und viele mehr.
Aber diese Wettbewerbe erhalten im Vergleich eher wenig Aufmerksamkeit.
Die sind vielleicht in der Öffentlichkeit weniger bekannt. Aber die Lehrer und die Schüler, kennen diese Wettbewerbe. Es hängt sehr viel vom Engagement dieser Lehrer ab und davon, ob sie ihre Schüler dafür begeistern können. Von ihnen kommt dann die Information „Guck mal, da gibt es eine Biologie-Olympiade, da kann man doch mal mitmachen“.
Lehrer sind wichtige Motivationsstütze
Ohne die Begeisterung der Lehrer geht also nichts?
Es ist sehr selten, dass jemand ganz ohne Einfluss der Lehrer sagt: „Mensch, das Thema interessiert mich, ich werkele da jetzt in der Garage dran“. Der Normalfall ist, dass in der Schule eine Plattform geboten wird, zum Beispiel in einer Jugend forscht-AG am Nachmittag. Es läuft ganz viel über die Lehrer und diese sind eine ganz wichtige Motivationsquelle.
Haben Sie selbst in ihrer Schulzeit einmal an Jugend forscht teilgenommen?
Selbst habe ich nie teilgenommen. Das habe ich in meiner Jugend leider verpasst. Im Nachhinein sagt man sich aber auch: Bei so einem tollen Wettbewerb hättest du eigentlich auch teilnehmen müssen.