Frauen, Naturwissenschaft und Karriere: „Dafür setze ich mich ein, mit Nachdruck und großer Begeisterung“, sagt Nicole Meier. Die 44-jährige Chemikerin leitet die Geraniolfabrik der BASF in Ludwigshafen. Also die Produktion und Logistik von Riech- und Aromastoffen, etwa Zitrone für Lebensmittel oder Lavendelduft für die Wäsche. Kürzlich hat sie beim Women-MINT-Slam mit einem souveränen Vortrag über ihre Erfahrungen zu Frauen in Führungspositionen begeistert und den ersten Preis gewonnen.
Mehr Frauen in Führungspositionen
Bei ihrem Auftritt im Rahmen der Karrieremesse „Women & Work“ in Frankfurt war der Raum voll, vor der Tür drängelten sich weitere Zuschauer. Alle wollten den Auftritt von fünf Frauen miterleben, Vertreterinnen namhafter Unternehmen wie Schneider Electric, Bosch oder Deutscher Telekom. Zehn Minuten lang galt es, spannend, mitreißend und frei vorzutragen. Nicole Meier nutzte bei ihrer Präsentation geschickt Bilder und Grafiken, schnell wurde klar: Sie ist die Favoritin.
Die Aktion war für die engagierte Betriebsleiterin und Mutter einer kleinen Tochter nur das Sahnehäubchen auf einem großen Ziel: Sie will stärker an die Öffentlichkeit gehen, um Frauen für Berufe mit Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) zu begeistern – und eine Karriere in diesen Bereichen zu starten. Dafür hat sie nach Feierabend professionell mithilfe der Female Speaker School trainiert. „Wir brauchen in der Wirtschaft mehr Frauen in Führungspositionen, da geht noch was“, ist sich Meier sicher.
„Frauen haben es immer noch schwerer“
Sie selbst experimentierte schon als Kind mit Pipette und Mikroskop: „Mein Vater war Chemotechniker, meine Mutter medizinisch-technische Assistentin. Naturwissenschaft wurde mir quasi in die Wiege gelegt.“ Meier studierte Chemie, begann 2006 bei der BASF in der Polymerforschung und erklomm die Karriereleiter. „Als ich 2009 die stellvertretende Betriebsleitung bekam, war das für eine Frau schon ungewöhnlich.“ Seit 2016 ist Meier Chefin der Geraniol-Fabrik mit 105 Mitarbeitern. Nur fünf von ihnen sind weiblich, drei der Frauen hat sie eingestellt: „Solange in Werkstätten und Produktionsbetrieben nur wenige Frauen anzutreffen sind, halten das die Leute für normal. Und Frauen, die diesen Weg wählen, haben es immer noch schwerer.“
Mitunter müssen zunächst simple Fragen, etwa nach einer Damentoilette oder passender Arbeitskleidung, geklärt werden. „Das müssen wir ändern, das muss selbstverständlich sein.“ Sie denkt aber auch an die Demografie und die Nachwuchsstrategie des Unternehmens: „Ich arbeite daran, eine zukunftsfähige Organisation zu schaffen. Mit welchen Produkten wollen wir weiter wachsen? Welche technischen und personellen Voraussetzungen müssen dafür geschaffen werden? Geht das in den bestehenden Anlagen oder muss man erweitern? Welche gesetzlichen Bestimmungen gibt es von der Anlagen- bis hin zur Transportsicherheit?“ Zudem solle der Betrieb nachhaltig sein und sicher, sauber sowie möglichst emissionsfrei produzieren – „schließlich bin ich auch Anwohnerin“.
Frauen-Netzwerke sind wichtig
Die Managerin macht Frauen Mut, ihrem Vorbild zu folgen: „Ich habe den Stammtisch ‚Frauen in Produktion‘ gegründet. Wir treffen uns mittags außerhalb des Werkzauns, damit auch Kolleginnen in Mutterschutz kommen können. Oft haben wir Babybesuch.“ Außerdem unterstützt sie das BASF-Netzwerk Women in Business und organisiert Treffen für Frauen in Produktion und Technik, wie zum Beispiel ein Barcamp, ein Veranstaltungsformat, bei dem sich die Teilnehmerinnen zu Beginn selbst die Themen überlegen, die sie bearbeiten wollen, und auch, in welchem Ablauf sie das tun wollen. Meier besucht auch ähnliche Veranstaltungen anderer Organisationen, speist ihre Erkenntnisse in das BASF-Netzwerk ein und steht MINT-Frauen als Mentorin zur Seite.
Soll ihre Tochter denn auch mal Karriere in der Industrie machen? Da lacht Meier herzlich: „Sie hat jedenfalls das Zeug zur Chefin, verhandeln kann sie bereits perfekt.“
Lesen Sie hier weitere Reportagen über interessante Gesichter der Chemie.