Dieses Akronym sollte man sich merken: OME. Denn hinter OME verbirgt sich nicht weniger als eine saubere Alternative zum Dieselkraftstoff. Und deren Erforschung wird in Rheinland-Pfalz maßgeblich vorangetrieben.
Seit 2010 arbeitet die BASF mit Partnern aus der Wissenschaft an der Entwicklung des synthetischen Kraftstoffs. OME steht für Oxymethylenether, eine organische Verbindung aus Methanol und Formaldehyd. Die farblose Flüssigkeit ist brennbar und kann Autos, Lkw oder Züge antreiben. Als Zusatz oder Ersatz zum Diesel taugen dabei Varianten aus zwei Methanol- und drei bis fünf Formaldehydmolekülen.
Der enorme Vorteil ihrer Verbindung: Wegen des hohen Sauerstoffgehalts verbrennt sie sauber. „Im Vergleich zum konventionellen Diesel entstehen dabei deutlich weniger Ruß, Stickstoffoxide, Kohlenmonoxid und andere Partikel, die die Luft in den Innenstädten belasten“, sagt Michael Bender, Experte für Katalysatoren bei BASF. Zudem könnten OME-Diesel-Gemische bereits in heutigen Dieselmotoren genutzt werden. Die technische Umstellung auf reine OME-Kraftstoffe bedarf nach bisherigem Entwicklungsstand einiger Änderungen am Motor, zum Beispiel an den Einspritzdüsen. Auch an der Tankstelle könnte OME ganz normal gezapft werden. Deshalb wird es in den Fachmedien schon als „Rettung des Verbrennungsmotors“ gehandelt.
Eine von vielen Ideen für CO2-Nutzung
Noch ist die Herstellung jedoch sehr energieaufwändig und deshalb weder wirtschaftlich noch ökologisch. Noch. Immerhin ist einem Team um Prof. Hans Hasse an der TU Kaiserslautern – einem BASF-Projektpartner – 2016 der Durchbruch gelungen, OME direkt aus Methanol und Formaldehyd zu synthetisieren, ohne Zwischenschritte. Nun arbeitet der Forschungsverbund daran, die Energieeffizienz zu steigern. „Außerdem untersuchen wir die Werkstoffverträglichkeit der Kraftstoffkomponente, zum Beispiel ob sie Dichtungen oder Schläuche angreift. Diesen Aspekt wollen wir von Anfang an mitdenken“, sagt Bender.
Aus dem Auspuff kämen dann zwar kaum noch Schmutzpartikel. Doch auch bei der Verbrennung von OME entsteht das Treibhausgas CO2. Deshalb untersucht ein breiterer Forschungsverbund, ob sich der Kraftstoff indirekt aus dem Klimakiller herstellen lässt. Das würde zwar nicht den Straßenverkehr emissionsfrei machen. Aber die Gesamtmenge an Kohlendioxid, die in die Atmosphäre gelangen kann, würde sinken, wenn man Kohledioxid aus industriellen Quellen für die OME-Synthese verwendet.
Das Projekt trägt den Namen Carbon2Chem. Mehrere Chemiekonzerne, unter anderem BASF, Universitäten wie die TU Kaiserslautern, Forschungsinstitute und auch Siemens und VW wollen Millionen Tonnen CO2 aus der Stahlproduktion in Nützliches verwandeln. Der Essener Anlagenbauer und Stahlproduzent thyssenkrupp leitet das Konsortium und baut neben seinem Werk in Duisburg eine Pilotanlage, die im Frühjahr 2018 in Betrieb gehen soll.
In diesem Technikum werden die Hüttengase gereinigt und vorbereitet. In verschiedenen Labors vor Ort testen die Partner, was sie aus dem darin enthaltenen Wasserstoff, Stickstoff, Kohlendioxid und Methan herstellen können. Etwa Methanol, das als Brennstoff und Vorläufer für viele Endprodukte dienen kann und sich zudem leicht transportieren lässt. Aber auch andere Alkohole, Ammoniak oder Polymere kommen in Frage – und eben OME.
Den Klimakiller wiederverwenden
Das Ziel: CO2 so wiederzuverwenden, wie es die Industrie für andere Stoffe längst beherrscht. Dadurch könnte ein Teil der laut Bender ca. 45 Millionen Tonnen Kohlendioxid, die die deutsche Stahlbranche jedes Jahr ausstößt, wirtschaftlich nutzbar gemacht werden.
Die Partner von Carbon2Chem investieren bis 2025 rund 100 Millionen Euro in die Entwicklung des Verbunds aus Stahlwerk, Chemieproduktion und Wasserstoffelektrolyse. Letztere dient dazu, Ökostrom-Schwankungen abfangen zu können, denn klimaneutral wird das Verfahren erst durch das Nutzen von Erneuerbaren Energien. Das Bundesforschungsministerium fördert das Gesamtvorhaben in den ersten vier Jahren mit 62 Millionen Euro.
„Wir haben uns mit der Anbindung der OME-Gesamtsynthese an das Stahlwerk beschäftigt und dabei sehr viel über die Hüttengase und ihre Zusammensetzung gelernt“, sagt BASF-Experte Bender, der das OME-Teilprojekt innerhalb von Carbon2Chem koordiniert. Möglich sei es, aus dem Abgas gewonnenes Methanol als Vorstufe für OME zu nutzen. Allerdings müssten sehr große Mengen Hüttengase verarbeitet werden, um den möglichen weltweiten Bedarf an alternativen Kraftstoffen zu befriedigen. „Da würde der Ausstoß aus dem thyssenkrupp-Werk in Duisburg nicht reichen. Für die globale Versorgung mit solchen ‚Synfuels‘ braucht es auch die anderen rund 50 Stahlwerke der Branche weltweit, die Hüttengase mit einer ähnlichen Zusammensetzung haben.“
Die Entwicklung der Diesel-Alternative wird ab 2018 nicht mehr innerhalb von Carbon2Chem fortgesetzt, sondern in einem neuen öffentlich geförderten Forschungsprojekt namens Namosyn (Nachhaltige Mobilitätsoffensive Synthetische Kraftstoffe). „Die Stahlindustrie bietet sich aber nach wie vor als Rohstoffquelle an“, sagt Bender. Bis der Prozess vom CO2 zu OME energieeffizient umgesetzt werden kann, dürften ihm zufolge noch fünf bis zehn Jahre vergehen. So lange aber gilt schon mal: Dieses Akronym sollte man sich merken.
Mehr Innovationen Made in Rheinland-Pfalz finden Sie hier und in unserer gleichnamigen Rubrik.