Arbeiten in der Chemie

Azubis als Digitalisierungtreiber

· Lesezeit 3 Minuten.
Auszubildende stehen vor einem Pult
Prämierte Digitscouts: Die Auszubildenden am Röchling-Sustaplast-Standort in Lahnstein. Foto: Rolando de Sousa von Offenblen.de

Digitalisierung, das klingt so selbstverständlich – wie aber finden Betriebe die Stellen, an denen digitalere Vorgänge wirklich weiterhelfen? Hier greifen Firmen immer häufiger auf den Erfahrungsschatz ihrer Auszubildenden zurück. Denn gerade junge Menschen haben einen Blick dafür, was sich verbessern lässt.

Genau darum geht es bei den „Digiscouts“, einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Projekt. Die Idee dazu hatte 2018 das RKW Kompetenzzentrum: Auszubildende sollen einzelne Projekte selbst initiieren und umsetzen. Mehr als 300 Betriebe haben bereits teilgenommen, aus den verschiedensten Bereichen von Industrie, Handel, Dienstleistungen und Handwerk. Das Ministerium fördert das Programm zunächst bis 2022. Mit Erfolg nahm zum Beispiel eine Gruppe von Auszubildenden von Röchling Sustaplast aus Lahnstein (330 Mitarbeiter, 24 Auszubildende) an diesem Projekt teil. Der Standort in Lahnstein ist das Kompetenzzentrum für Hochleistungskunststoffe im Unternehmensbereich Röchling Industrial.

Röchling-Team setzte gleich drei Ideen um

Acht Auszubildende aus den Lehrberufen Industriekaufleute, Verfahrensmechaniker und Fachinformatiker bildeten das Digiscouts-Team. Wie haben sie die Digitalisierungspotenziale entdeckt? „Wir sind durch die verschiedenen Abteilungen gelaufen und haben nachgefragt, was die Mitarbeiter sich als Veränderung wünschen würden“, erzählt Jennifer Frank, damals angehende Industriekauffrau im dritten Lehrjahr. „Wir haben uns als Gruppe zusammengesetzt und geschaut, welche Projekte realisierbar wären. Für drei Ideen haben wir uns schließlich entschieden.“ Zur Diskussion standen die digitale Essensbestellung, ein bargeldloses Zahlungssystem sowie die digitale Reservierung von Autos aus dem Firmenfuhrpark. Frank: „Das haben wir der Geschäftsführung vorgetragen.“ Und die war begeistert: Alle drei Projekte wurden genehmigt. Dann hieß es für die Azubis: Ran an die Arbeit!

Das Logo der Digiscouts. Illustration: Daniel Jennenwein/RKW Kompetenzzentrum
Das Logo der Digiscouts. Illustration: Daniel Jennenwein/RKW Kompetenzzentrum

Die Bestellung warmer Speisen fand bis dahin in Papierform statt und war sehr zeitaufwendig: Die Mitarbeiter mussten während ihrer Frühstückspause in die Kantine gehen und vor Ort das Mittagessen vorbestellen. Dabei gab es lange Warteschlangen an der Kantinenkasse – das Mittagessen musste man ja auch noch bar bezahlen. „Wir haben uns dafür eingesetzt, dass alle Mitarbeiter ihre Essensbestellung auch digital vom Arbeitsplatz aufgeben können“, berichtet Alexandra Marfitschew, die 2019 ebenfalls im dritten Lehrjahr zur Industriekauffrau war. Das Team regte den Umstieg auf ein bargeldloses Zahlungssystem mittels Entgeltabrechnung an. Marfitschew: „Warteschlangen an der Kasse gehören endlich der Vergangenheit an.“ Und die Poolfahrzeuge? Um sie zu reservieren, musste man in die Zentrale gehen. Hier prüfte die zuständige Mitarbeiterin die Verfügbarkeit der Autos und reservierte diese über eine Excel-Liste. Das Digiscouts-Team führte ein digitales Tool ein, mit dem Mitarbeiter die Verfügbarkeit der Fahrzeuge checken und sie direkt reservieren können. Heute können sie dank des Programms auch Fahrgemeinschaften bilden – was unterm Strich auch noch gut für die Umwelt ist und Sprit spart.

Langer, aber lohnender Prozess

Und wie fand das Team das Projekt? Es sei „eine persönliche Bereicherung, ein Teil des Digitalisierungsprozesses der Röchling sein zu dürfen“, da ist sich die Gruppe einig. Es habe ihnen sehr viel Spaß gemacht, auch wenn natürlich nicht immer alles nach Plan gelaufen sei. Umso mehr würde es sie freuen, sobald sie eines der Projekte selbst nutzen würden, finden Frank und Marfitschew. Sie bedankten sich zudem ausdrücklich bei ihrem Ausbilder Irenaeus Jost, der dem Team immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Und wie reagierten die Kollegen? Beide strahlen: „Sie haben sich über die Veränderung im Unternehmen gefreut!“

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