Für manche klingt es nach tollen Chancen, für andere nach einer Drohung: lebenslanges Lernen. Der Slogan ist in den vergangenen Jahren immer populärer geworden. Gemeint ist, dass nach Schule, Ausbildung oder Studium nicht Schluss damit ist, sich neues Wissen anzueignen. Beschäftigte müssen sich regelmäßig neue Fähigkeiten antrainieren; Weiterbildung ist das ganze Berufsleben lang nötig. Die gute Nachricht ist: Das ist viel weniger mühsam als es klingt.
Natürlich verändern sich Berufe inzwischen schneller als früher. Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz seien zwei der Themen, die die Arbeit in der Branche zuletzt stark verändert haben, sagt Lisa Esche. Sie ist Referentin beim Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und zuständig für den Bereich Weiterbildung. „Es ist für Beschäftigte wichtig, kontinuierlich am Ball zu bleiben“, sagt Esche. Oder anders ausgedrückt: Wer sich nur auf das einmal Erlernte verlässt, riskiert seinen Job.
Allerdings heißt das nicht, dass man ständig an wochenlangen Seminaren teilnehmen oder nach Feierabend Hausaufgaben machen muss. „Eine Weiterbildung kann etwas ganz Kleines sein“, sagt Esche. Los geht es schon damit, dass man für neue Excel-Tricks die Kollegin fragt, die sich gut damit auskennt. Oder dass man in einen Chatbot eine Frage zur Bedienung einer Pumpe eintippt.
Folgende Arten der Weiterbildung lassen sich unterscheiden:
- Training on the job: Besonders einfach und wichtig ist, während der Arbeit zu lernen – zum Beispiel durch den Austausch mit Kollegen. Auch die Einweisung in neue Maschinen oder Software gehört dazu, genauso wie Tandems, bei denen ein Neuling und eine erfahrenere Person zusammenarbeiten und sich unterstützen. Zudem können Video-Tutorials eine gute Möglichkeit sein, sich über neue Arbeitsschritte zu informieren.
- Interne Weiterbildungen: Viele Unternehmen organisieren selbst Schulungen, Seminare oder Vorträge – entweder in Präsenz oder digital. Ein Vorteil vieler E-Learning-Angebote, also digitaler Weiterbildungen, ist, dass man sie nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt nutzen muss – sondern flexibel im Alltag abrufen kann.
- Externe Lehrgänge: Egal ob ein paar Stunden oder mehrere Wochen – soll spezielles Wissen her, kommen auch außerbetriebliche Angebote infrage. Industrie- und Handelskammern (IHKs), Fachschulen und Co. sind passende Ansprechpartner. Die Teilnehmer bekommen am Ende oft ein Zertifikat.
- Fortbildungen mit Abschluss: Wer Lust hat, die Karriere voranzutreiben und die Gehaltsperspektiven zu verbessern, kann nach einer dualen Ausbildung eine umfassendere Qualifizierung beginnen: zum Meister, Techniker oder Fachwirt. Bachelor- und Master-Studiengänge sind eine weitere Möglichkeit – auch berufsbegleitend und teils ohne Abitur.
- Selbstorganisiertes Lernen: In diese Kategorie fällt alles, mit dem Beschäftigte aus eigenem Antrieb und ohne formellen Rahmen neue Kompetenzen erwerben. Zum Beispiel durch Podcasts, Internet-Recherche, Fachlektüre oder Messen.
Angst haben müssen Beschäftigte also nicht davor, dass Weiterbildung Teil ihres Arbeitslebens ist. „Wichtig ist vor allem, dass man offen bleibt für neue Entwicklungen“, sagt BAVC-Referentin Esche. Und dass man sich bewusst mache, auch vergangene Veränderungen schon gemeistert zu haben.
Wer neu in der Industrie startet, ist für viele Zukunftsfragen schon gerüstet. „Digitalisierung, kontinuierliches Lernen und Anpassungsfähigkeit spielen in der Ausbildung heute eine große Rolle, erklärt Esche. Die Ausbildungsordnungen würden immer wieder angepasst. Nachholbedarf sieht sie bei der Politik: „Die digitale Infrastruktur muss auf allen Ebenen besser werden, gerade in den Berufsschulen. Besonders kleinere Betriebe sind darauf angewiesen, dass auch die Berufsschule die moderne Wissensvermittlung übernimmt.“
Auch Beschäftigte, deren Ausbildung schon länger her ist, profitieren von den Updates für den Nachwuchs: Oft gibt es Möglichkeiten, die neuen Elemente der Ausbildung nachträglich zu erlernen – etwa durch kurze Lehrgänge. „Gerade große Unternehmen treiben solche Angebote voran. Einige bieten kleineren Betrieben aus der Region an, sich zu beteiligen“, so Esche.
Die BAVC-Referentin ermuntert Mitarbeiter zudem, sich in Fortbildungsfragen bei Führungskräften Rat zu holen. „Unternehmen sind in der Regel dankbar, wenn Mitarbeiter die Initiative übernehmen, und unterstützen gerne.“ Auch der Betriebsrat könne eine gute Anlaufstelle sein: „Die Ansprechpartner dort sind sehr gut informiert und können Beschäftigte ebenfalls beraten“, sagt Esche. „Man muss keine Angst haben, dass man allein gelassen wird.“