Arbeiten in der Chemie

Mirko Drotschmann: „Ich lerne jeden Tag etwas Neues“

· Lesezeit 5 Minuten.
Mirko Drotschmann
Themen ansprechend verpacken: Das ist für den bekannten Journalisten Mirko Drotschmann alias MrWissen2go der Clou, damit das Publikum auch bei anspruchsvollen Themen gern dabei bleibt. Foto: ZDF/Dennis Weissmantel

Wann haben Sie zuletzt etwas Neues gelernt – und was?

Tatsächlich lerne ich jeden Tag etwas Neues, zuletzt, wie man eine Ananas besonders geschickt aufschneidet. Dazu habe ich mir ein YouTube-Video mit einem neuen Trick angeschaut. Meine Kinder wollten Ananas essen, und es hat funktioniert. Ohne Internet wäre ich aufgeschmissen und müsste mir über den Telefonjoker Rat holen, zum Beispiel von meiner Mutter.

In Ihren Videos erklären Sie zum Beispiel, worum es bei der Bundestagswahl geht oder was wäre, wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte. Weit über zwei Millionen Menschen haben Ihren Kanal abonniert. Was machen Sie anders als andere?

YouTube ermöglicht eine andere Art der Wissensvermittlung. Ich achte auf die Ansprache: Ich duze mein Publikum, bekomme direktes Feedback über die Kommentare. Das hilft mir, die Inhalte so zu gestalten, dass sie den Sehgewohnheiten der Menschen entsprechen. Zudem versuche ich, eine gute Dramaturgie mit einem Spannungsbogen und Anekdoten einzubauen. Ich arbeite mit kleinen Wiederholungen, damit sich das Wissen festsetzt. Und die Videos müssen auf den Punkt sein. Mein Anspruch ist, dass man sich auf der Basis des Videos eine eigene Meinung bilden kann.

Lernen wird immer digitaler. Braucht es auch Präsenz, damit die Zielgruppe bei der Sache bleibt?

Beides sollte idealerweise Hand in Hand gehen. Digitales Lernen ist nicht schlecht – es gibt bewährte Konzepte. Aber gerade im schulischen Bereich halte ich Präsenz für wichtig. Der direkte Austausch und die ungeteilte Aufmerksamkeit in einem Klassenraum sind nicht zu unterschätzen. Denn online kann man sich schnell ablenken lassen. Im Unterricht ist die Lehrkraft zentral, um Menschen zu erreichen. Auch auf YouTube ist der Mensch ein Faktor. Gibt es ein menschliches Element, bleibt man eher dabei.

Wie kann man mit wenig Zeitaufwand möglichst jeden Tag Wissen erwerben?

Indem man die wenige freie Zeit, die man vielleicht hat, effizient nutzt und sich nur die Inhalte zu Gemüte führt, die passgenau sind. Das Internet bietet eine unglaubliche Vielfalt an Angeboten für fast jedes Wissensgebiet. Man muss nur gezielt danach suchen.

Was können Unternehmen tun, um Mitarbeiter dafür zu begeistern, sich weiterzubilden?

Attraktive Angebote schaffen, die den Unternehmenszielen und der individuellen Entwicklung der Mitarbeiter dienen. Das geht mit passenden internen Schulungen oder mit gezielt ausgewählten externen Seminaren. Zudem sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermutigt werden, selbst Weiterbildungen vorzuschlagen und ihr eigenes Wissen und Können einzubringen. Da gibt es noch Potenziale zu heben.

Können Sie Tools empfehlen, die einem das Lernen erleichtern?

Es gibt sehr gute Podcasts und Hörbücher, etwa für lange Autofahrten. Auch YouTube und LinkedIn bieten hochwertige Bildungsinhalte. Nicht zu vergessen sind die Angebote der klassischen Bildungsträger wie Industrie- und Handelskammern, die ebenfalls Online-Formate haben.

Ein Blick in die nahe Zukunft: Welche Chancen bietet künstliche Intelligenz (KI), um das Lernen spannender zu machen?

KI kann einem lästige Arbeitsschritte abnehmen und Menschen in vielen Bereichen unterstützen, zum Beispiel bei Übersetzungen, Zusammenfassungen und dem Aufbereiten von Inhalten. So haben wir mehr Zeit für Dinge, für die man tatsächlich das menschliche Gehirn braucht.

Sehen Sie auch Gefahren?

Die Grenze sehe ich da, wo den Menschen etwas suggeriert wird, das nicht stattgefunden hat, wenn zum Beispiel ein Video mit meiner Stimme vertont würde, das ich selbst nicht vertont habe. In solchen Fällen, auch bei der Bildbearbeitung und -generierung, muss man das entsprechend offenlegen. Sonst sind wir in einem gefährlichen Bereich unterwegs, in dem Dinge vorgegeben werden, die nichts mit der Realität zu tun haben. Außerdem ersetzt KI keine Recherche. Sie kann falsche oder verzerrte Ergebnisse liefern. Das ist problematisch!

Die Aufmerksamkeitsspanne wird immer geringer, wie geht man damit um?

Ich bin häufig an Schulen und höre das immer wieder. Allerdings kann ich das aus meiner Erfahrung nur teilweise bestätigen. Verpackt man die Themen ansprechend, dann befasst sich die Zielgruppe damit. Und die Entscheidung, sich mit längeren Inhalten auseinanderzusetzen, ist eine bewusste Entscheidung. Wer sich nur berieseln lassen möchte, kann dies ja in den entsprechenden sozialen Medien mit den Kurzformaten tun. Die Lust auf komplexe Dinge kann man zum Beispiel dadurch steigern, dass man einen Bezug zur Lebenswelt des Publikums herstellt. Das erweitert das Wissen und bringt auch die Persönlichkeit ein Stück voran.


Zur Person

Mirko Drotschmann alias MrWissen2go (W2G) ist Journalist, YouTuber, Podcaster und Moderator mit dem Schwerpunkt Geschichte/Politik und Millionen Abonnenten. W2G gehört zum funk-Portfolio, einem Gemeinschaftsangebot von ARD und ZDF. Mirko Drotschmann moderiert auch Terra X im ZDF und produziert Webvideos für den gleichnamigen YouTube-Kanal. Zu seinen Auszeichnungen zählt der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Drotschmanns Buch „Verrückte Geschichte“ präsentiert skurrile und unterhaltsame Fakten.
 

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