Wo hat der Tag der Arbeit seinen Ursprung?
In den USA galt der 1. Mai früher als Stichtag, an dem viele Arbeitsverträge endeten oder begannen. Er wurde als „Moving Day“ bezeichnet, weil Menschen ihren Job und damit häufig auch ihren Wohnort wechseln mussten. 1886 gingen an diesem Tag rund 400.000 Arbeiter in unterschiedlichen amerikanischen Städten auf die Straße und hatten eine zentrale Forderung: den Acht-Stunden-Tag. Üblich waren in den Jahren zuvor deutlich längere Arbeitszeiten von 10 bis 13 Stunden pro Tag. Zwischen Demonstranten und Polizei kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, mehrere Menschen starben. 1889 kamen in Frankreich Gewerkschaften und Parteien aus vielen Ländern zusammen und beschlossen, sich einer internationalen Demonstration am 1. Mai 1890 anzuschließen, um den Acht-Stunden-Tag zu fordern. Seitdem gilt der Tag als Aktionstag der Arbeiter.
Welche Bedeutung hat der 1. Mai heute?
Es geht darum, die Forderungen und Bedürfnisse von Arbeitern öffentlich in den Fokus zu stellen – etwa nach besseren Arbeitsbedingungen und höherer Bezahlung. Die großen Gewerkschaften organisieren Demonstrationen und Kundgebungen, um auf die Interessen aufmerksam zu machen. Bei der zentralen Mai-Kundgebung tritt dieses Jahr die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, in Köln auf. Das Motto lautet „Ungebrochen solidarisch“.
Wie haben sich die Arbeitsbedingungen in Deutschland verändert?
Der Acht-Stunden-Tag, für den die Demonstranten ursprünglich eintraten, ist bei einer üblichen Fünf-Tage-Woche längst Standard. Beschäftigte haben einen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen pro Jahr. Meist gewähren die Arbeitgeber aber deutlich mehr Freizeit, sodass der durchschnittliche Urlaubsanspruch von Vollzeitkräften bei mindestens 28 Tagen liegt.
Wie war die Entwicklung in Deutschland?
In Deutschland legten am 1. Mai 1890 etwa 100.000 Menschen die Arbeit nieder und protestierten. Es blieb aber vorerst bei einer üblichen Arbeitszeit von zehn Stunden: Durchsetzen konnten die Gewerkschaften den Acht-Stunden-Tag 1918. 1919 wurde die 48-Stunden-Woche mit sechs Arbeitstagen offiziell verankert. In den Jahren danach stach besonders der „Blutmai“ 1929 hervor, an dem die Polizei das Feuer auf Teilnehmer einer nicht genehmigten Demonstration eröffnete und mindestens 32 Menschen starben. Die Nationalsozialisten erklärten den 1. Mai 1933 zum Feiertag, missbrauchten ihn für ihre Propaganda und zerschlugen die Gewerkschaften. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der 1. Mai als gesetzlicher Feiertag bestätigt. In der DDR fanden jährlich Volkskundgebungen statt, an denen die Bürger teilnehmen mussten. In der Bundesrepublik veranstalteten indes die Gewerkschaften Massenkundgebungen, die sich um Arbeits- und Friedenspolitik drehten. In den 80er Jahren kam es besonders in Berlin und Hamburg zu gewaltsamen Maidemonstrationen von Linksradikalen. Diese Krawalle konnten mit der Zeit eingedämmt werden, auch durch die Verknüpfung mit kulturellen Veranstaltungen.
Und in der Chemieindustrie?
In der chemischen Industrie stehen Arbeitnehmer noch besser da als Beschäftigte in vielen anderen Branchen. Die tarifvertraglich vereinbarte Arbeitszeit liegt bei 37,5 Stunden pro Woche, und es besteht Anspruch auf 30 Tage Jahresurlaub sowie Sonderurlaub für Schichtarbeiter. Die Tarifentgelte sind in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen – zusätzlich zu einer Entgelterhöhung um 6,5 Prozent in zwei Schritten wurde zuletzt ein steuer- und beitragsfreies Inflationsgeld in Höhe von 3.000 Euro vereinbart. Es gibt unter anderem eine attraktive tarifliche Altersvorsorge, großzügige Jahresleistungen und Urlaubsgeld sowie Altersfreizeiten für Beschäftigte ab 55 Jahren. Zwischen zwei Arbeitstagen haben Mitarbeitende Anspruch auf mindestens elf Stunden Ruhezeit. Nur in Ausnahmefällen kann sie um bis zu zwei Stunden gekürzt werden.