Was sind Erkrankungen des Bewegungsapparats?
Erkranken Muskeln, Gelenke, Knochen oder das Bindegewebe, spricht man von Muskel- und Skelett-Erkrankungen. Ihre Ursachen und Ausprägungen sind sehr vielfältig. Etliche, aber nicht alle, dieser Erkrankungen haben mit Fehlbelastungen im Job zu tun und sind als Berufskrankheiten anerkannt. Dazu zählen zum Beispiel diese häufigen Probleme:
- Erkrankungen der Lenden- und Halswirbelsäule,
- Kniearthrose, bei der sich der Gelenkknorpel und das Gelenksystem abbauen,
- das Carpaltunnel-Syndrom, eine chronische Druckschädigung des Handgelenks, die unter anderem durch wiederholende, anstrengende Hand-Tätigkeiten entstehen kann.
Das Problem: Schmerzen und Arbeitsunfähigkeit
Erkrankungen des Bewegungsapparats tun häufig weh und schränken im Alltag sehr ein. Sie gehören neben Atemwegserkrankungen und psychischen Erkrankungen zu den Top-3-Gründen für Arbeitsunfähigkeit. Im Unterschied zu grippalen Infekten ist die Erkrankungsdauer jedoch deutlich länger.
Fehlbelastungen des Bewegungsapparats betreffen alle
„Alle sind gefährdet“, sagt Cliff Sartorius, Experte für betriebliches Gesundheitsmanagement bei der Pronova BKK. „Ob jung oder alt, ob in Büro oder Produktion: Fehlbelastungen entstehen bereits durch falsche Gewohnheiten im täglichen Bewegungsablauf, jahrelang gleiche Tätigkeiten im Job, ja sogar durch zu alte und ungeeignete Matratzen. Auch die Einseitigkeit der Rechts- oder Linkshändigkeit führt zu Dysbalancen.“
Im Beruf sind es beispielsweise die folgenden Situationen, die auf Dauer dem Bewegungsapparat schaden:
- Im Büro: zu langes Sitzen. Alternative: höhenverstellbare Stehtische, dynamisches Sitzen und Stehen.
- In der Produktion: zu langes Stehen, über Kopf arbeiten. Sehr nützlich: tägliche Ausgleichsübungen, mehr Abwechslung im Joballtag.
- Bei körperlich anstrengenden Arbeiten: zu schweres und falsches Heben. To-do: Wirbelsäulengymnastik und Rückenschulung, Hebehilfen nutzen, Lasten gemeinsam stemmen.
- Stress: Stress kann ebenfalls zu Verspannungen führen. Diese wiederum können Beschwerden wie Spannungskopfschmerz und im Fall starker psychischer Belastung sogar Bandscheibenvorfälle bewirken. Letzteres macht langfristig arbeitsunfähig. Hilfreich: aktiv und bewusst entspannen sowie Ausdauersport, am besten täglich.
„Muskel- und Skelett-Erkrankungen verursachen durchschnittlich 20 Fehltage pro Beschäftigtem und Jahr. Das ist belastend für die Betroffenen, für den Betrieb und auch für das Team, das den Ausfall auffängt. Darum lohnt es sich immer vorzubeugen.“
Mehr Fitness im Alltag: eine Wohltat für Muskeln und Gelenke
Mehr Kraft und Ausdauer, bessere Koordination und Flexibilität: Das sind die direkten Effekte von regelmäßigen Fitnesseinheiten im Alltag. Wer sich draußen bewegt, stärkt außerdem das Immunsystem. Macht das Training außerdem noch Spaß – und das sollte es –, kann dies zu einer positiven Verhaltensveränderung und zu dauerhaftem Wohlbefinden und Schmerzfreiheit führen.
Bewegung für den Bewegungsapparat: die Tipps
Mehr Fitness für die Gesundheit – das muss kein Marathon oder Dreitausender-Gipfel sein. Stattdessen kann man schon vor dem Badezimmerspiegel anfangen:
Auf einem Bein stehen: Der so genannte Flamingo-Test ist ein Maß für sensorische Fähigkeiten, neuromuskuläre Kontrolle und Muskelkraft. Junge Menschen sollten 43 Sekunden auf einem Bein stehen können. 60- bis 69-Jährigen sollten wenigstens 30 Sekunden schaffen. Ist natürlich Übungssache. Cliff Sartorius Tipp: Beim Zähneputzen auf einem Bein stehen, nach der Hälfte der Putzzeit das Standbein wechseln. Das trainiert die Muskulatur, den Gleichgewichtsinn und beugt Stürzen vor.
20 Minuten Ausdauertraining: Ob (slow) Jogging, Radeln, Gassigehen, Schwimmen oder Nordic Walking – dreimal 20 Minuten leichtes Ausdauertraining pro Woche sollten sein. Findet es draußen statt, tun frische Luft und Sauerstoff dem Gehirn und den Atemwegen gut. Sonnenlicht hebt die Stimmung.
Mikro-Power-Training: Intensivtraining wie Tabata ist besonders für Menschen mit wenig Zeit gut geeignet. Nach der Formel: 30 bis 50 Sekunden maximale Anstrengung mit anschließend 10 Sekunden Pause erhält vor allem die Tiefenmuskulatur einen starken Trainingsanreiz. Die Übungen sollten den ganzen Körper betreffen (nicht nur den Bizeps). Das gesamte Training dauert sieben bis zehn Minuten, je nach Fitnesslevel.
Bewegte Pause: Statt Rauchen und Mails checken bieten sich Dehnung und Bewegung als Ausgleich zu den Arbeitstätigkeiten an. Diese Mini-Übungen kosten keinen Schweiß, sondern lockern, entspannen und aktivieren vernachlässigte oder verkürzte Muskeln. Die Übungen sollten zum Job passen. Teammitglieder, die ähnlich belastet sind, können zusammen aktiv werden.
Chancen nutzen: Die Krankenkassen bieten Präventionskurse an, die sie entweder voll oder zu einem großen Teil bezahlen. Darunter gibt es auch Online-Kurse, etwa für die Rückengesundheit, die man flexibel zu Hause machen kann. Je nach Krankenkasse sind auch Bonusprogramme, Gesundheitsreisen, Fitness-Apps und -Challenges im Angebot. Die Pronova BKK übernimmt beispielsweise die Kosten für die Herodikos-plus-App, eine individuelle und digitale medizinische Trainingstherapie bei Rücken- und Knieschmerzen. Dabei erhalten Teilnehmende eine persönliche und regelmäßige Begleitung durch Physiotherapeutinnen und -therapeuten per Videotelefonie, kombiniert mit passenden Übungsplänen.
Mehr Fitness für Muskeln und Gelenke: Dos & Don´ts
Dos | Don´ts |
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Vor dem Training in der Arztpraxis die körperlichen Voraussetzungen checken lassen. | Ungeeignete Sportarten auswählen, unrealistische Ziele setzen. |
Auf den eigenen Körper hören. | Alarmsignale wie Schmerzen missachten. |
Mit Trainer trainieren, Geräteinweisungen beachten. | Bewegungen falsch ausführen und damit dem eigenen Körper schaden. |
Langsam anfangen. | Das eigene Fitnesslevel überschätzen, sich überfordern und dann womöglich aufgeben. |
Spaß haben. | Sich herumquälen. |
Mehr Bewegung im Job: 3 Fragen an den Experten Cliff Sartorius
Was kann man im Job tun, um den Bewegungsapparat fit zu halten?
Arbeitgebende können Angebote der Krankenkassen im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) nutzen. In diesem Zuge kommt das BGM-Team der Pronova BKK beispielsweise regelmäßig durch Arbeitsplatzbegehungen und -analysen mit den Beschäftigten ins persönliche Gespräch. Dadurch können wir Betrieben Maßnahmen anbieten, die die Gesundheit im Job fördern. Für Mitarbeitende in der Produktion bieten wir z. B. Ergonomie-Sprechstunden an. Je nach Tätigkeit kann es trotz Arbeitsplatzverbesserung und Rückenschule zu Fehl- oder zu einseitigen Belastungen kommen. Bieten Arbeitgebende angeleitete „bewegte Pausen“ an, stellen darüber hinaus Tischtennisplatten und Kicker zur Verfügung, sorgt das bereits für einen guten Bewegungsausgleich während der Arbeitszeit. Auch in sogenannten Fitness Areas, vornehmlich in Produktionsbereichen, können kurze und leichte Übungseinheiten zum Ausgleich ausgeführt werden. Wie gut sich gesundes (Bewegungs-)Verhalten verankert, hängt auch davon ab, ob die Belegschaft sensibilisiert wurde, die Gesundheitsmaßnahmen während der Arbeitszeit stattfinden können und ob es Gelegenheiten gibt, sich mit seinen Beschwerden an einen Werksarzt oder eine Werksärztin zu wenden. Wichtig ist, dass die Angebote niedrigschwellig sind und auch auf Dauer stattfinden.
Woran scheitern Präventionsmaßnahmen?
Sie sollten einen roten Faden haben und ganzheitlich sein, vom Gesundheitswissen bis zur individuellen Beratung und Umsetzung. Einmalige Aktionen sind nicht nachhaltig. Prävention heißt natürlich, auch bei den jüngeren Beschäftigten anzufangen, die oft noch keine oder nur leichte Beschwerden haben. Zu glauben, nur Ältere seien gefährdet, ist falsch. Zudem hilft die beste Reha nichts, wenn die Zurückkehrenden genau denselben Tätigkeiten ausgesetzt sind wie vorher. Oftmals sind Präventionskurse der Krankenkassen nach Paragraf 20 des Sozialgesetzbuches bei Berufstätigen wenig beliebt. Denn diese finden üblicherweise zwischen 10 und 12 Wochen lang statt und eine Teilnahme an mind. 80 Prozent der Kursstunden sind Voraussetzung für die Kostenerstattung durch die Krankenkasse. Das ist für viele Betroffene häufig zu lang, gleichwohl ist genau diese Dauer aus gesundheitsförderlicher Sicht wertvoll investierte Zeit, um neues Verhalten zu erlernen und es zu festigen.
Welche Gesundheitsangebote sind denn attraktiv?
Für Beschäftigte ist es im Bedarfsfall ein Riesenvorteil, wenn sie ohne persönlichen Zeitverlust zum werksärztlichen Dienst gehen und dort wirksame Maßnahmen wie manuelle Therapie verschrieben oder Osteopathie empfohlen bekommen können. Für Osteopathie zahlt die Pronova BKK sogar einen Zuschuss von viermal 40 Euro im Jahr, obwohl es gar keine übliche Kassenleistung ist. Dehnungs- und Kräftigungsübungen sind dann der nächste Schritt, die idealerweise auch während der Arbeitszeit im Rahmen der bewegten Pausen durchgeführt werden können. Im Arbeitsalltag kann außerdem die Gesundheits-App „Mein Phileo“ das Wohlbefinden fördern. Sie enthält unterschiedliche Formate wie Videos, Podcasts, Schritt-für-Schritt-Anleitungen und E-Learnings. Auch privat sollten Beschäftigte versuchen, sich fit zu halten. Das abwechslungsreiche Präventionsangebot der Pronova BKK kann dabei unterstützen. Zum Beispiel mit Well-Aktiv und der BKK-Aktivwoche, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Die Mischung und die Attraktivität der Angebote macht es eben aus und kann die Präventionskultur im Unternehmen stärken. Bei Fragen rund ums Thema BGM steht die Pronova BKK gerne zur Seite.