Arbeiten in der Chemie

Diversity in der Arbeitswelt – Kommt gut an!

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Ausländische Mitarbeiter integrieren
Rund 400.000 zusätzliche Arbeitskräfte braucht Deutschland pro Jahr, um seinen Wohlstand zu erhalten: Daher gilt es, ausländische Mitarbeiter nach der Ankunft gut zu integrieren. Illustration: Dariia/stock.adobe.com

Im Pfälzer Wald wandern, zusammen nach Heidelberg fahren oder sich zum Barbecue treffen – solche Angebote bietet der „Rhine-Neckar Welcome Club“ regelmäßig. Er wurde 2013 auf Initiative der damaligen BASF-Personalvorständin Margret Suckale gegründet. Das Ziel: internationalen Fach- und Führungskräften das Ankommen in der Region erleichtern.

Die BASF brachte dafür Firmen in der Region um Ludwigshafen zusammen. „Es ging darum, dass Mitarbeiter, die von ausländischen Standorten nach Deutschland kommen oder aus dem Ausland stammen, sich hier wohlfühlen“, erklärt Dorothee Balke von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar. Sie koordiniert für die beteiligten Firmen die Aktivitäten des Clubs. „Natürlich sollte damit auch eine Fachkräftebindung entstehen.“

Für Unternehmen wird ein solches Bemühen um ausländische Fachkräfte immer wichtiger (siehe Seite 6). Denn Deutschland ist auf Zuwanderer angewiesen. Viele Branchen klagen bereits über einen Mangel an Arbeitskräften. 400.000 zusätzliche Personen braucht es, so heißt es beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, um das Arbeitsangebot konstant zu halten und damit den Wohlstand zu erhalten.

Willkommenskultur: Soziales Netzwerk für Neuankömmlinge

Gesetze, die die Zuwanderung erleichtern, etwa das im vergangenen Jahr beschlossene Fachkräfteeinwanderungsgesetz, reichen dafür allein nicht aus. Denn Fachkräfte werden weltweit von vielen Ländern umworben. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte deshalb schon einen „Bewusstseinswandel“ im Land: „Nämlich die Einsicht, dass ausländische Fachkräfte nicht nur gebraucht werden, sondern wirklich willkommen sind.“

Dass Deutschland in Sachen Willkommenskultur besser werden muss, zeigt auch eine Studie des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung Tübingen von 2022. Danach haben zwei von drei hochqualifizierten Fachkräften aus außereuropäischen Ländern Diskriminierungserfahrungen gemacht, ein Drittel davon im Arbeitsleben. Was können Unternehmen also tun, damit Menschen sich hier wohlfühlen und gerne bleiben?

 

Beispiele dafür finden sich im Umfeld der Chemieindustrie in Rheinland-Pfalz. Hier laufen bereits seit längerer Zeit erfolgreiche Initiativen, um die Integration ausländischer Fachkräfte erfolgreich zu unterstützen. Wie der Rhine-Neckar Welcome Club. Dieser sei informell organisiert, immer offen für neue Firmen und basiere auf dem ehrenamtlichen Engagement von Menschen in den Unternehmen, sagt IHK-Expertin Balke. Zweimal im Jahr laden teilnehmende Betriebe den Club für Veranstaltungen zu sich ein.

Daneben gibt es regelmäßig selbstorganisierte Treffen zum Kennenlernen der Region. Die IHK hat 2015 die Steuerung der internationalen Gruppe von der MRN (Metropolregion Rhein-Neckar) GmbH übernommen. Balke selbst war einige Jahre mit ihrer Familie in den USA und kennt die Situation der Clubteilnehmer gut. „Es ist sehr hilfreich, Menschen aus unterschiedlichen Firmen zu begegnen, die in derselben Lage sind wie man selbst. Man kann Erfahrungen austauschen und sich bei der Ankunft gegenseitig unterstützen.“
 

IHK-Expertin Dorothee Balke
War selbst viele Jahre im Ausland:
IHK-Expertin Dorothee Balke
Foto: IHK Rhein-Neckar

„Es ist sehr hilfreich, Menschen aus unterschiedlichen Firmen zu begegnen, die in derselben Lage sind wie man selbst“ 

Dorothee Balke

Eingespielter „Integrationssupport“ 

Auch das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim setzt auf ein ähnliches Modell. Es nennt sich „International Club“ und fördert firmenintern mit Aktivitäten das Ankommen und die Vernetzung von Mitarbeitenden aus dem Ausland.

„Vier- bis fünfmal im Jahr finden kulturelle Events statt, die den internationalen Clubmitgliedern die Möglichkeit bieten, sich kennenzulernen und etwas über die Geschichte und die Bräuche des Landes zu erfahren“, erklärt Eva Freitag von Boehringer Ingelheim. Besonders geschätzt seien zudem die regelmäßigen „Welcome Partys“. Der Club macht zudem gemeinsame Ausflüge in die Region und reist auch mal weiter weg, etwa zum Wandern ins Allgäu.

IHK-Expertin Balke betont, dass internationale Firmen sich schon lange um einen passenden Umgang mit ausländischen Fachkräften kümmern. In der Personalabteilung gebe es oft Ansprechpartner, die etwa bei bürokratischen Angelegenheiten helfen und Deutschkurse organisieren. Auch Eva Freitag berichtet von einem eigenen Team bei Boehringer für den „Integrationssupport für Mitarbeitende“. Es bietet zum Beispiel interkulturelle Trainings für Angestellte an, bevor sie in ein anders Land umziehen.

 

Bei der BASF sind solche Trainings ebenfalls Standard. Am Standort im spanischen Tarragona werden beispielsweise seit einigen Jahren Azubis nach deutschem Modell ausgebildet. Im zweiten Lehrjahr haben sie Praxisphasen in Ludwigshafen, wo sie nach der Ausbildung eingesetzt werden. Interkulturelles Know-how, Deutschkurse und Unterstützung beim Ankommen in Deutschland gehören deshalb fest zum Lehrplan.

Partner und Familien im Blick

Laut Balke sind für eine gelungene Willkommenskultur nicht nur die neuen Mitarbeiter entscheidend. „Häufig haben es die Familien oder die begleitenden Partner schwerer, anzukommen, besonders wenn sie nicht arbeiten.“ Deshalb richten sich die Clubs besonders an die Familien der Mitarbeiter.

Auch die BASF hat dies unter anderem bei ihren spanischen Azubis im Blick. Bereits bei der Rekrutierung würden persönliche Bindungen berücksichtigt, heißt es von dem Unternehmen – beispielsweise, wenn Geschwister, Freunde oder die Partner sich ebenfalls bewerben, sodass sie gemeinsam in Deutschland leben können.

Für die Unternehmen bedeutet solches Engagement natürlich Aufwand, aber auch eine lohnende Investition. Sie sind überzeugt: Die ist unabdingbar, um die Zukunft in Rheinland-Pfalz zu sichern.

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