Können Arbeitnehmer für Fehler haftbar gemacht werden?
Eine Maschine falsch programmiert, eine Warenladung schlecht gesichert, jemand ist auf eine Phishing-Mail reingefallen: Gründe, aus Versehen beträchtliche Schäden anzurichten, gibt es viele. Ob Arbeitnehmer dafür haften, hängt vom Grad ihres Verschuldens ab. Dabei gilt: Je gröber die Fahrlässigkeit, umso stärker werden die Verursacher in die Pflicht genommen.
Fahrlässigkeit, was heißt das im Job?
- Leichte Fahrlässigkeit: Ein kleines versehentliches Missgeschick, etwa das Vertippen während einer Tastatureingabe oder das Fallenlassen eines Gegenstandes, gelten als leichte Fahrlässigkeit. In diesen Fällen haften Arbeitnehmer in aller Regel nicht.
- Mittlere Fahrlässigkeit: Ein Mangel an gebotener Sorgfalt, etwa beim Umgang mit Fahrzeugen oder technischen Geräten, ist fahrlässig. Denn zu dieser Sorgfalt sind Beschäftigte verpflichtet. In solchen Fällen wird die Haftung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt.
- Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz: Grobe Fahrlässigkeit bedeutet, sich so achtlos zu verhalten, dass ein möglicher Schaden vorhersehbar war. Dann – und auch bei vorsätzlicher Schädigung – haften die Verursacher voll und ganz.
„Bei Arbeitnehmerhaftung gilt: Man muss jeden konkreten Einzelfall prüfen.“
Benjamin Stumpp, Rechtsanwalt, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Wie hoch liegen die Haftungsgrenzen?
Es gibt keine pauschale Obergrenze für die Arbeitnehmerhaftung. Benjamin Stumpp, Rechtsanwalt und Referatsleiter Arbeitsrecht und Tarifpolitik bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, weist jedoch auf das Prinzip des innerbetrieblichen Schadensausgleichs hin. Das heißt, dass es in der Praxis individuelle Vereinbarungen gibt, um die Verursacher nicht zu ruinieren. In einem Schadensfall, bei dem eine Reinigungskraft durch das Drücken eines falschen Knopfs ein medizinisches Gerät lahmlegte, begrenzte das zuständige Gericht die Haftung auf ein Bruttojahresentgelt.
Arbeitnehmerhaftung: Was gilt in Stress-Situationen?
Reagieren Mitarbeitende im Stress oder bei schlechter Tagesform falsch und verursachen einen Schaden, dürften leichte oder mittlere Fahrlässigkeit vorliegen. Das bedeutet, keine Arbeitnehmerhaftung beziehungsweise geteilte Haftung zwischen Arbeitgeber und -nehmer. Benjamin Stumpp erläutert: „Faktoren wie Arbeitsbelastung und Arbeitsbedingungen werden berücksichtigt.“
Wie geht man in der Praxis mit kleineren Fehlern und Sachschäden um?
Viele Unternehmen haben dazu eigene Richtlinien. Oft wird ein kurzes Gespräch mit den Beschäftigten geführt, die für den Schaden verantwortlich sind. Schulungen oder Trainings helfen, Wiederholungen zu vermeiden.
Welche Folgen können Fehler im Job sonst noch haben?
Abmahnungen oder gar eine Kündigung sind weitere mögliche Folgen eines Fehlers, manchmal sogar dann, wenn kein Schaden entstanden ist. Der Sinn einer Abmahnung: die Verursacher auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen und ihnen die Chance zu geben, dies zu korrigieren. Darum kann eine Abmahnung schon weniger schwerwiegenden Verstößen erfolgen.
Benjamin Stumpp nennt ein Beispiel: „Oftmals gibt es betriebliche Regelungen, dass, wenn zwei Arbeitnehmer mit einem Dienst-PKW oder LKW unterwegs sind, beim Einparken der Beifahrer immer aussteigen und den Fahrer einweisen muss. Sollte er dies unterlassen, dann kann der Beifahrer hierfür abgemahnt werden. Hierbei ist egal, ob ein Schaden eingetreten ist oder nicht.“
Eine Abmahnung kann auch dazu dienen, eine verhaltensbedingte Kündigung vorzubereiten. Die Kündigung ist bei schwerwiegendem Fehlverhalten möglich, oder wenn sich das Verhalten nach der Abmahnung nicht änderte.
Entlastet es von der Arbeitnehmerhaftung, wenn man den Vorgesetzten Auffälligkeiten meldet und dies dokumentiert?
Wenn Beschäftigte auf Probleme hinweisen und es dennoch zu einem Haftungsfall kommt, ist wahrscheinlich nur noch von leichter Fahrlässigkeit auszugehen, sagt Benjamin Stumpp. Das heißt, dass in diesem Fall keine Haftung durch den Arbeitnehmer vorliegt.