Arbeiten in der Chemie

So funktioniert Jobsharing bei BASF

· Lesezeit 1 Minute.
BASF-Führungskräfte Saskia Sporys und Daniel Zirnig. Foto: Alessandro Balzarin / IW Medien
Teilen sich eine Stelle als Gruppenleitung: Saskia Sporys und Daniel Zirnig in Ludwigshafen. Foto: Alessandro Balzarin / IW Medien

Fast alles, was Saskia Sporys und Daniel Zirnig innerhalb eines Tages erleben, notieren sie konsequent in einem gemeinsamen Online-Dokument. Ob Neuigkeiten aus einem Meeting mit Mitarbeitenden oder Anrufe ihrer eigenen Vorgesetzten: Einzelne Stichworte reichen nicht, es müssen verständliche 
Notizen sein. Ihre individuellen E-Mail-Accounts nutzen die beiden kaum, stattdessen teilen sie sich einen gemeinsamen. Warum?

Es ist die Voraussetzung dafür, dass ihr Alltag funktioniert: Die beiden teilen sich einen Job, nämlich als Leitung eines zehnköpfigen Produkt­manager-Teams im Bereich Nutrition & Health (Ernährung und Gesundheit) des Chemiekonzerns BASF. Jeder von ihnen arbeitet 60 Prozent: er von Dienstag bis Donnerstag ganztags, sie verteilt ihre Zeit auf vier Tage. Trotzdem nichts zu verpassen, ist für beide unverzichtbar. 

Jobsharing: Beruf und Familie vereinbaren

Jobsharing heißt das Arbeitszeitmodell, das das Duo inzwischen seit mehr als vier Jahren praktiziert. „Es ermöglicht uns, eine Führungsposition auszuüben und trotzdem genügend Zeit für unsere Familien zu haben“, sagt Saskia Sporys. Sie und Daniel Zirnig, beide 42 Jahre alt, haben jeweils zwei Kinder. Ihre Ehepartner sind ebenfalls berufstätig. „Meine Frau soll nicht zurückstecken, damit ich Karriere machen kann“, erzählt Zirnig. „Fairness in der Partnerschaft ist mir 
sehr wichtig.“

Im Job heißt das, dass Zirnig meist dann arbeitet, wenn Sporys frei hat – und umgekehrt. Parallel im Dienst sind sie nur an zwei Vormittagen in 
der Woche. Dann buchen sie sich im Ludwigshafener Großraumbüro zwei Schreibtische nebeneinander, um die drängendsten Themen der Woche zu besprechen und Zeit mit ihrem Team zu verbringen.

Foto: Alessandro Balzarin / IW Medien
Foto: Alessandro Balzarin / IW Medien

„Anfangs gab es schon Vorbehalte in unserem Umfeld, ob das Modell funktioniert“, erinnert sich Sporys. „Aber nach fast fünf 
Jahren ist das völlig normal geworden. Wir haben bewiesen: Es hat keinerlei Nachteile, sich eine 
Führungsposition zu teilen. Im Gegenteil.“

Ist einer im Urlaub, 
ist der andere da

Tatsächlich kann die Rechnung aus Arbeitgebersicht zunächst kostspielig wirken: Denn zweimal 60 Prozent ist schließlich mehr, als wenn eine Person den Job allein machen und 100 Prozent arbeiten würde. Die zusätzlichen 20 Prozent sind dafür vorgesehen, die notwendigen Absprachen treffen zu können. Doch die Vorteile überwiegen: Ist eine Person krank, kann die andere einspringen. Auch Urlaube stimmen sie ab, sodass fast immer eine Führungskraft erreichbar ist. „Außerdem fließen bei jeder Herausforderung die Erfahrung und Ideen von zwei Leuten ein“, sagt Sporys. Und es gibt weitere Vorteile. „Man kann sich immer mit jemandem austauschen, der genauso tief im Thema ist wie man selbst“, sagt sie. Zirnig findet das Tandem gerade in stressigen Situation hilfreich: „Dadurch bin ich viel ausgeglichener. Man kann sich gegenseitig unterstützen und ist gemeinsam resilienter.“

Damit das Modell gelingt, müssen ein paar Bedingungen erfüllt sein. „Die Personen müssen zueinander passen. Sich zu vertrauen und offen über alles sprechen zu können, ist sehr wichtig”, sagt Zirnig. Er und Saskia Sporys hatten sich 2019 unabhängig voneinander einer Mitarbeiterinitiative angeschlossen, die erreichen wollte, dass auch in Teilzeit arbeitende Menschen Führungspositionen ausüben können. Infolgedessen wurden  offene Gruppenleitungsstellen im Unternehmensbereich nach Möglichkeit so ausgeschrieben, dass sie auch für Tandems offen sind. In der BASF SE gibt es sogar eine Jobsharing-App, über die interessierte Kollegen zusammenfinden können. Zentral ist dabei, dass die nächsthöhere Leitungsebene das Modell unterstützt.

Tandems als Modell für die Zukunft

Bevor Saskia Sporys und Daniel Zirnig sich dann als Tandem bewarben, führten sie viele Gespräche, um sich besser kennenzulernen. Sind ihnen die gleichen Werte wichtig? Haben sie ähnliche Vorstellungen von dem Miteinander im Team? „Wir haben schnell festgestellt, dass wir sehr gut harmonieren“, sagt Sporys. Wichtig sei ihnen, immer als Einheit aufzutreten. „Es darf keinen Unterschied machen, an wen von uns man sich wendet“, so Zirnig. Mitarbeitergespräche führen die beiden immer zusammen.

Auch in kleineren Unter­nehmen lasse sich ein ähnliches Modell umsetzen, glaubt Zirnig. Tatsächlich solle man als Gesellschaft noch weiterdenken: In Zukunft werden alle länger arbeiten müssen – warum nicht das Jobsharing-Modell auch gegen Ende des Arbeitslebens stärker nutzen? Es lässt sich sogar zum Wissenstransfer einsetzen. So werden bei der BASF teils Paare aus älteren und jüngeren Beschäftigten gebildet, die voneinander lernen können.

Teamgeist sollten Interessierte freilich mitbringen. „Sich einseitig Vorteile zu verschaffen, geht gar nicht“, erklärt Zirnig. Doch auch gemeinsam kann man weiter aufsteigen: Selbst auf der übergeordneten Führungsebene gab es bei der BASF schon ein Tandem.

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